4.2.01. Schuldenberatung und Schuldensanierung

Rechtsgrundlagen

Gesetz über die öffentliche Sozialhilfe und soziale Einrichtungen (SHEG) vom 28. Oktober 2013 (SHR 850.100)

Erläuterungen

1.   Zweck

Schuldenberatung und Schuldensanierung haben das Ziel, dass die überschuldete Person (wieder) fähig wird, ihre finanziellen Verpflichtungen und die laufenden Lebenskosten sowie die persönlichen Bedürfnisse so zu gestalten, dass sie durch das eigene Einkommen und somit ohne Unterstützung kommunaler oder privater Institutionen gedeckt werden können.

Die Gründe einer Überschuldung sind vielfältig. Personen in durchschnittlichen Einkommens­verhältnissen können durch steigende Lebenshaltungskosten (z.B. bei der Miete), Scheidung, Arbeitslosigkeit, Krankheiten und unerwartete Ereignisse, Konsumbedürfnisse oder -zwänge oder schlecht gelernten Umgang mit Geld in finanzielle Probleme geraten. Dabei sollte es aber nicht darauf ankommen, inwiefern jemand für seine bzw. ihre Schulden selber verantwortlich ist. Vielmehr hat es nur darum zu gehen, den Betroffenen jetzt und für die Zukunft möglichst gut zu helfen.

2.   Grundsätze einer Schuldensanierung

Die Sanierung bezweckt einen Interessenausgleich zwischen den Hilfesuchenden und ihren Gläubigern. Er erfolgt dadurch, dass die das soziale Existenzminimum übersteigenden Einkünfte der Klientin bzw. des Klienten für eine bestimmte Zeit den Gläubigern zur Verfügung gestellt werden und diese dafür eine Stundung mit Ratenzahlungen bzw. einen Teilerlass gewähren.

Um eher zu einem Teilerlass zu gelangen, kann vereinbart werden, dass die Sanierungs­stelle den Gläubigern den Restbetrag gleich ausrichtet. In der Folge zahlt die Klientin bzw. der Klient diese Summe ratenweise an die Sanierungsstelle zurück.

Ohne aktive Mitwirkung der überschuldeten Personen ist keine Sanierung möglich. Alle Verfahren, die zur Tilgung der Schulden führen, verlangen ein hohes Mass an Disziplin und Durchhaltewillen, da man sich während der Dauer der Sanierung mit dem sozialen Existenz­minimum begnügen muss. Vor allem haben sich überschuldete Personen daran zu gewöhnen, mit beschränkten Mitteln auszukommen und mit der Notwendigkeit eines entsprechenden Konsumverzichts umzugehen.

3.   Organe zur Durchführung von Beratungen und Sanierungen

Bei erheblich bzw. gegenüber mehreren Gläubigern verschuldeten Hilfesuchenden ist eine Schuldensanierung eine sehr anspruchsvolle und zeitaufwendige Beratungs- und Betreuungsaufgabe. Sie verlangt ein grosses Fachwissen und entsprechende Erfahrung. Wenn eine spezialisierte Hilfe nötig ist, sollte die Klientin bzw. der Klient an die dafür zuständigen Institutionen verwiesen werden (vgl. Art. 23 Abs. 3 lit. b) SHEG).

Für die Klientinnen und Klienten steht die Fachstelle für Schuldenfragen im Kanton Schaffhausen zur Verfügung. Diese betreut nicht nur überschuldete Personen, sondern berät auch Behördenmitglieder und Sozialtätige. Dabei handelt es sich um einen gemeinnützigen Verein, welcher insbesondere vom Kanton und den Landeskirchen unterstützt wird. Darüber hinaus besteht mit dem Departement des Innern ein Leistungsvertrag.

4.   Formen der Entschuldung

4.1.   Abzahlungsvereinbarung mit den Gläubigern

Mit den Gläubigern werden monatliche Raten zur Tilgung der Schuld vereinbart. In der Abzahlungsvereinbarung werden die Ratenhöhe, die Zahlungsdauer und ein allfälliger Verzicht auf Verzugszinsen festgelegt. Die Sanierung mittels Ratenzahlung ist dann sinnvoll, wenn die monatliche Quote, die zur Verfügung steht, so hoch ist, dass die Schuld in absehbarer Zeit (innert drei bis vier Jahren) zurückbezahlt werden kann.

4.2.   Aussergerichtlicher Teilerlass

Das Gelingen eines aussergerichtlichen Teilerlasses ist von verschiedenen Faktoren abhängig:

  • Das Angebot muss für alle Gläubiger im Verhältnis gleich hoch sein.

  • Alle Gläubiger müssen mit dem Teilerlass einverstanden sein.

  • Die gesamte Schuld darf im Verhältnis zum Einkommen nicht zu hoch sein.

  • Die überschuldete Person muss über ein regelmässiges Einkommen verfügen, das über dem Existenzminimum liegt und es ermöglicht, die Rückzahlung innert nützlicher Frist (drei bis vier Jahre) zu leisten.

Entweder wird den beteiligten Gläubigern per Saldo aller Ansprüche ein Teil der gesamten Schuld direkt aus dem Entschuldungsfonds einer Schuldenberatungsstelle ausbezahlt (sofern dies die jeweiligen Mittel zulassen und ein entsprechendes Gesuch bewilligt worden ist). Die Gläubiger müssen dann auf den Rest ihrer Forderungen verzichten. Die Rückzahlung der überschuldeten Person erfolgt an den Fonds.

Oder die Rückzahlung erfolgt durch die überschuldete Person ratenweise an die Gläubiger. Voraussetzung dafür ist wiederum eine Stundungsvereinbarung über den nicht erlassenen Restbetrag der Schuld.

4.3.   Einvernehmliche private Schuldenbereinigung:

Diese kann von Schuldnerinnen und Schuldnern beim Nachlassgericht beantragt werden (vgl. Art. 333 SchKG). Sie ist vor allem dann angebracht, wenn das Einkommen bereits seit längerer Zeit gepfändet ist, aber ausreichen würde, um die Schulden zu sanieren. Das Gericht kann für höchstens drei bis sechs Monate eine Stundung gewähren und damit bestehende Pfändungen (mit Ausnahme von familienrechtlichen Unterhalts- und Unterstützungsbeiträgen) unterbrechen. Die überschuldete Person muss einen Sachwalter bzw. eine Sachwalterin benennen, der bzw. die Verhandlungen mit den Gläubigern führt und die Sanierung überwacht. Eine Schuldenbereinigung kommt dann nur zustande, wenn alle beteiligten Gläubiger der angebotenen Lösung (z.B. Teilerlass bzw. Stundung) zustimmen.

4.4.    Insolvenzerklärung (Privatkonkurs)

Die Insolvenzerklärung der überschuldeten Person, welche dadurch die Konkurseröffnung beim Gericht selber beantragt (vgl. Art. 191 SchKG), wird dann sinnvoll, wenn der bzw. die Betroffene nur über ein geringes Einkommen verfügt und hoch verschuldet ist. Durch einen Konkurs kann die Spirale bereits laufender Lohnpfändungen durchbrochen werden, und die überschuldete Person kann sich wirtschaftlich wieder etwas auffangen. Dies deshalb, weil mit der Konkurseröffnung alle hängigen Betreibungen aufgehoben sind und neue Betreibungen für alte Forderungen während des Konkursverfahrens nicht eingeleitet werden dürfen. Zudem hört auch der Zinsenlauf auf. Nach Durchführung des Privatkonkurses sind die Schulden nicht getilgt. Den Gläubigern werden Konkursverlustscheine ausgestellt, die nach zwanzig Jahren verjähren. Der oder die Betroffene kann aufgrund der Konkursverlustscheine wieder gepfändet werden, wenn er bzw. sie zu neuem Vermögen gekommen ist oder über Vermögen bildendes Einkommen verfügt. Erst wenn die Verlustscheine zurückgekauft sind, was in der Regel mit grösserem Einschlag möglich ist, ist die Schuld getilgt.

4.5.   Nachlassvertrag

Der im SchKG ebenfalls vorgesehene behördliche (bzw. gerichtliche) Nachlassvertrag ist für überschuldete Personen zu aufwendig und zu kostenintensiv.

5.   Ablauf der Sanierung

Gemeinsam wird zunächst ein Budget erstellt und den Ursachen der Überschuldung nachgegangen. Dann werden zusammen mit den Betroffenen und ihren Angehörigen tragbare Lösungen zur Verbesserung der finanziellen Situation erarbeitet.

Vor Beginn einer Sanierung sind nach Möglichkeit alle Verbindlichkeiten der Klientin bzw. des Klienten vollständig zu erfassen. Zu diesem Zweck kann allen Gläubigern ein erstes Mal geschrieben werden. Der entsprechende Brief sollte vor allem folgende Punkte umfassen:

  • Aufforderung, Forderungen anzumelden und zu begründen;

  • Bitte, keine Betreibungsmassnahmen einzuleiten oder fortzusetzen;

  • Hinweis, dass weitere Informationen folgen.

Bereits durch dieses Schreiben erhält der oder die Betroffene normalerweise eine Atempause. Selbstverständlich sollten die Einleitung und erst recht die Fortsetzung einer Betreibung und damit die Lohnpfändung vermieden werden, da es schwierig ist und vom guten Willen der Gläubiger abhängt, ein solches (kostenpflichtiges) Verfahren abzubrechen oder rückgängig zu machen. In der Folge ist eine Gesamtsanierung unter Berücksichtigung der Gleichbehandlung der Gläubiger anzustreben.

In Abweichung vom normalen Verfahren sind dringliche und vollumfänglich zu bezahlende Schulden (Mietzinse und Krankenkassenprämien sowie Geldbussen) bevorzugt zu behandeln. Solche müssen möglichst rasch separat beglichen werden.

Vor Vereinbarung von Ratenzahlungen oder Abschluss eines Teilerlasses muss aufgrund der bisherigen Erfahrungen mit dem oder der Hilfesuchenden damit gerechnet werden können, dass er oder sie die Belastungsdauer durchhält.

Der Faktor für einen Teilerlass errechnet sich aus dem monatlichen Nettoüberschuss (Einkünfte abzüglich soziales Existenzminimum) mal Belastungsdauer (Zeitraum der Zahlungen) geteilt durch die Schuldensumme. Dabei gibt aber der Zeitraum, während dem die überschuldete Person mit dem sozialen Existenzminimum auskommen sollte, oft zu Diskussionen Anlass.

6.   Finanzierung einer Schuldenberatung bzw. Schuldensanierung

Zur Finanzierung einer Schuldenberatung oder Schuldensanierung können Fonds und Stiftungen beigezogen werden.

Ist eine Finanzierung auf diesem Weg nicht oder nicht vollumfänglich möglich, kann unter Umständen auch für Personen, die ansonsten keine wirtschaftliche Hilfe benötigen, hier über die Sozialhilfe eine Finanzierung erfolgen. Dies wenn sich die betreffende Person in einer persönlichen Notlage befindet und eine Schuldenberatung oder Schuldensanierung sich als notwendig und sinnvoll erweist. Sind diese Voraussetzungen gegeben, kann die Sozialbehörde für die Dienste einer entsprechenden Beratungsstelle Kostengutsprache leisten(§ 34 SHEV).

Für Personen, die wirtschaftliche Hilfe beziehen, können entsprechende Dienstleistungen gegebenenfalls als situationsbedingte Leistungen von der Sozialbehörde übernommen werden (vgl. dazu Kapitel 8.1.01).

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Rechtsprechung


Praxishilfen

Zu weiteren Informationen zum Thema siehe