2.2.01. Aufsichtstätigkeit des Departements des Innern über die Sozialhilfebehörden

Rechtsgrundlagen

Gesetz über die öffentliche Sozialhilfe und soziale Einrichtungen (SHEG) vom 28. Oktober 2013, SHR 850.100

Verordnung über die öffentliche Sozialhilfe und soziale Einrichtungen (SHEV) vom 18. Februar 2014, SHR 850.100

Gemeindegesetz vom 17. August 1998, SHR 120.100

Erläuterungen

1.   Aufgaben des Departements des Innern

Die Gemeinden, Anstalten und Zweckverbände stehen unter der allgemeinen Aufsicht des des Kantons. Die Fachaufsicht ist spezialgesetzlich geregelt (Art. 15 SHEG) und obliegt dem Departement des Innern (§ 5 Abs. 1 SHEV).

Im Rahmen der repressiven Aufsicht wacht das Departement des Innern darüber, dass die beaufsichtigen Organisationen ihre Pflichten gewissenhaft und den gesetzlichen Vorschriften gemäss erfüllen. Treten in einer Organisation Ordnungswidrigkeiten auf, greift das Departement des Innern ein, wenn das zuständige Organ der Organisation das Erforderliche zur Behebung der Ordnungswidrigkeit unterlässt. Voraussetzung für ein Eingreifen des Departement des Innern ist, dass entweder Hinweise auf klare Rechtsverletzungen bestehen oder die ordnungsgemäss Führungs- oder Verwaltungstätigkeit auf andere Weise gefährdet ist.Die Mittel, die ihm dabei zur Verfügung stehen, werden in Art. 122 des Gemeindegesetzes genannt.

Mit Bezug auf die Aufsicht über die Sozialbehörden enthält die SHEV spezifische Aufsichtsbestimmungen, welche insbesondere die Berichterstattung an die für das kantonale Sozialamt regeln (§§ 25, 30 und 33 SHEV).

2.   Aufsichtsbeschwerden

Eine Aufsichtsbeschwerde ist kein Rechtsmittel, sondern ein blosser (formloser) Rechtsbehelf. Es besteht daher kein Anspruch auf einen förmlichen Beschwerdeentscheid. Die Möglichkeit einer Aufsichtsbeschwerde muss entsprechend auch nicht zum vornherein bzw. im betreffenden Entscheid erwähnt werden. Ein (mündlicher oder schriftlicher) Hinweis darauf sollte aber wenigstens dann erfolgen, wenn Betroffene fragen, was sie gegen eine bestimmte Verhaltensweise der Sozialbehörde oder ihrer Organe unternehmen können.

Die Rechtsverweigerungs- bzw. Rechtsverzögerungsbeschwerde stellt eine besondere Form der Aufsichtsbeschwerde dar. Es handelt sich um ein eigentliches, aber subsidiäres Rechtsmittel. Dieses Rechtsmittel kann sinnvollerweise nur dann zulässig sein, wenn nicht ein ordentliches Rechtsmittel zur Verfügung steht (Arnold Marti, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit im Kanton Schaffhausen, Diss. Zürich 1986, S. 128). Der Beschwerdeführer muss ein aktuelles und praktisches Interesse an der Behandlung der Rechtsverzögerungsbeschwerde haben. Nach der Rechtsprechung fehlt es an einem aktuellen Rechtsschutzinteresse, wenn in der Zwischenzeit der angeblich verzögerte Entscheid ergangen ist (BGE 125 V 373 E. 1).

Gemäss Entscheid des Obergerichts vom 12. August 2016 (Nummer 60/2016/20) ergibt sich aus dem Wesen des besonderen Rechtsmittels der Rechtsverweigerungs- und -verzögerungsbeschwerde, dass es unabhängig bzw. auch neben dem Rechtsmittel in der Sache selber erhoben werden kann. Nach dem Wortlaut kann diese Beschwerde jederzeit erhoben werden, doch ist es dem Wesen eines Rechtsschutzinstruments inhärent, dass jedenfalls noch ein Rechtsschutzinteresse gegeben sein muss (vgl. zum Ganzen Marti, a.a.O., S. 128; derselbe, Die Schaffhauser Verwaltungsrechtspflege - vorbildlicher Rechtsschutz seit 30 Jahren, in Schaffhauser Recht und Rechtsleben, Festschrift zum Jubiläum 500 Jahre Schaffhausen im Bund, Schaffhausen 2001, S. 359 ff., insbesondere S. 373 f.; vgl. für die Zivil- und Strafrechtspflege heute auch Art. 7 Abs. 1 JG mit einer ausdrücklichen Befristung [Beschwerdeerhebung innert 10 Tagen seit Kenntnisnahme der bestreffenden Amtshandlung bzw. solange ein Rechtsschutzinteresse besteht]).

Aufsichtsbeschwerden richten sich an die Oberbehörde bzw. an die Aufsichtsinstanz. Bei Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern oder Organen der Sozialbehörde ist dies die das nach der Gemeindeverfassung zuständige Organ. Wenn es um die Sozialbehörde als solche geht, ist eine Aufsichtsbeschwerde beim Departement einzureichen.

Eine Aufsichtsbeschwerde kann jeder erheben, es braucht hier nicht eine besondere Beschwerdelegitimation. Ebenso ist die Aufsichtsbeschwerde an keine Frist gebunden. Zu beachten ist jedoch, dass die Aufsichtsbeschwerde erhebende Person ausgenommen bei der Rechtsverweigerungs- bzw. Rechtsverzögerungsbeschwerde nicht Prozesspartei ist und ihr damit keine Parteirechte, wie z.B. ein Akteneinsichtsrecht, zustehen.

Die Aufsichtsbeschwerde kann nicht nur gegen Verfügungen und Entscheide, sondern gegen jede Art von behördlichem Handeln erhoben werden, so z.B. auch gegen organisatorische Massnahmen, interne Richtlinien oder gegen das Verhalten einer Behörde bzw. einzelner Mitglieder oder von Mitarbeitenden einer Amtsstelle, wobei hier aber wie erwähnt in aller Regel zunächst ein Gemeindeorgan zuständig ist.

Richtet sich eine Aufsichtsbeschwerde gegen einen Entscheid der Sozialbehörde, wird in der Praxis wird überdies auf eine aufsichtsrechtliche Überprüfung verzichtet, wenn es dem Anzeigeerstatter möglich und zumutbar ist, den Entscheid mit einem ordentlichen Rechtsmittel wie dem Rekurs anzufechten. Das heisst aber nicht, dass die Aufsichtsbehörde einen Entscheid, der auf dem ordentlichen Rechtsmittelweg nicht angefochten wurde, nicht mehr aufsichtsrechtlich aufheben darf. Sind die Voraussetzungen für einen Widerruf bzw. eine Wiedererwägung gegeben und verstösst der Entscheid gegen klares Recht oder verletzt er wesentliche öffentlichen Interessen, darf die Aufsichtsbehörde auch in diesen Fällen einschreiten (vgl. Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Schaffhausen vom 7. April 2000, VB.2000.00085).

Richtet sich die Aufsichtsbeschwerde demgegenüber gegen ein informelles Verwaltungshandeln, so kann die Aufsichtsinstanz das beanstandete Verhalten vollumfänglich überprüfen und diejenigen Massnahmen treffen, welche sie für angemessen hält.

Obwohl grundsätzlich keine Eintretenspflicht besteht, soll in der Praxis (z.B. über telefonische Rückfragen oder einen Schriftenwechsel) doch abgeklärt werden, ob die im Rahmen einer Aufsichtsbeschwerde erhobenen Beanstandungen wesentlich sind und zutreffen bzw. ob der Beschwerde Folge geleistet werden kann. Wird kein neuer Entscheid getroffen, so kann die Beschwerde formlos (briefliche oder unter Umständen auch mündliche Mitteilung) erledigt werden, soweit dem Anzeigeerstatter keine Kosten auferlegt werden.

Gegen einen ablehnenden Entscheid auf eine Aufsichtsbeschwerde kann kein ordentliches Rechtsmittel ergriffen werden. Es ist lediglich eine Aufsichtsbeschwerde an die der Aufsichtsinstanz übergeordnete Behörde möglich. Hat das Departement des Innern einer Aufsichtsbeschwerde keine Folge geleistet, kann somit eine Aufsichtsbeschwerde beim Regierungsrat des Kantons Schaffhausen eingereicht werden (Art. 34 Abs. 1 SHEG). Wurden dem Anzeigeerstatter dabei aber die Kosten des Verfahrens auferlegt, kann gegen die Kostenauflage ein Rekurs beim Regierungsrat des Kantons Schaffhausen erhoben werden.

Leistet der das Departement des Innern einer Aufsichtsbeschwerde Folge und erteilt er der Sozialbehörde konkrete Anweisungen, welche Anordnungen mit Verfügungscharakter darstellen, so steht dagegen die Beschwerde ans Obergericht des Kantons Schaffhausen offen.

Rechtsprechung

VB.2016.00324: Aufsichtsbeschwerde gegen die Anrechnung einer Entschädigung für die Haushaltsführung.
[Die Beschwerdegegnerin rechnete der Beschwerdeführerin bei der Bestimmung des sozialhilferechtlichen Bedarfs eine Entschädigung für die Haushaltsführung an. Dieser Entscheid erwuchs unangefochten in Rechtskraft. Einer zwei Jahre später dagegen erhobenen Aufsichtsbeschwerde gab der Bezirksrat keine Folge. Allerdings hob das Departement des Innern eine neuere Anordnung der Beschwerdegegnerin betreffend wirtschaftliche Hilfe aufsichtsrechtlich auf.]

Gegen den ablehnenden Bescheid auf eine Aufsichtsbeschwerde hin ist lediglich eine erneute Aufsichtsbeschwerde möglich. Dem Verwaltungsgericht kommt keine Aufsichtsfunktion gegenüber Verwaltungsbehörden zu, weshalb auf die aufsichtsrechtlichen Rügen der Beschwerdeführerin nicht einzutreten ist. (E. 1.2). Soweit der Bezirksrat aus Anlass der Aufsichtsbeschwerde aufsichtsrechtliche Anordnungen erliess, verfügte er selber erstinstanzlich. Dieser Teil des Entscheids könnte daher nur mittels Rekurs an den Regierungsrat angefochten werden (E. 1.3).

VB.2007.00076: Aufsichtsrechtliche Entscheide, mit denen einer Aufsichtsbeschwerde keine Folge gegeben wird, gelten nicht als Anordnungen im Sinne von § 41 Abs. 1 VRG, weshalb auf das Begehren um Gutheissung der Aufsichtsbeschwerde nicht eingetreten werden kann (E. 1.1). Soweit indessen die Beschwerdeführenden der Sozialbehörde Verweigerung einer Verfügung und dem Departement des Innern Nichteintreten auf den dagegen erhobenen Rekurs vorwerfen, ist auf die Beschwerde einzutreten (E. 1.2).

VB.2000.00085: Der Beschwerde an das Verwaltungsgericht unterliegt auch ein Entscheid der Aufsichtsinstanz, wenn diese aufsichtsrechtlich eine neue Anordnung anstelle der ursprünglich angefochtenen getroffen hat (E. 1). Unterschiedliche Kognition des Departement des Innern bei der Behandlung von Aufsichtsbeschwerden und Rekursen (E. 2a-c).

Praxishilfen