8.1.0. Krankheits- und behinderungsbedingte Spezialauslagen - Zusatzversicherungen

Rechtsgrundlagen

 

SKOS-Richtlinien, Kapitel C.6.5

Erläuterungen

1.   Allgemeines

Krankheits- und behinderungsbedingte Spezialauslagen sind Kosten für Leistungen, die nicht im Rahmen der medizinischen Grundversorgung liegen, im konkreten Einzelfall aber sinnvoll und nutzbringend sind (vgl. SKOS-Richtlinien, Kapitel C.6.5).

Zu den krankheits- und behinderungsbedingten Spezialauslagen gehört unter anderem der über die Grundversorgung hinausgehende Versicherungsschutz (Zusatzversicherung), z.B. wenn dies die kostengünstigere Lösung darstellt (vgl. zu den Zusatzversicherungen auch Kapitel 11.1.11).

2.   Zusatzversicherungen

Die medizinische Grundversorgung ist weitgehend durch die obligatorische Krankenversicherung gedeckt. Im Rahmen des sozialen Existenzminimums besteht in der Regel kein Anspruch auf Einbezug von Zusatzversicherungen. In Sonderfällen (z.B. medizinisch begründete Notwendigkeit eines besseren Versicherungsschutzes bzw. kostengünstigere Lösung) oder für eine verhältnismässig kurze Unterstützungsperiode (vorübergehende Notlage) kann es aber angebracht sein, ausnahmsweise Prämien für über die Basisversorgung hinausgehende Leistungen aus Sozialhilfemitteln abzugelten (SKOS-Richtlinien, Kapitel C.6.5 Abs. 2 lit. b). Der Sozialbehörde steht ein erhebliches Ermessen zu, ob sie neben der obligatorischen Grundversicherung zusätzliche Versicherungen finanzieren will. Falls die Zusatzversicherung nicht berücksichtigt wird, steht es den Hilfesuchenden normalerweise frei, sie entweder aufzulösen oder die entsprechenden Prämien selber zu tragen.

3.   Beispiele

Die Berücksichtigung einer Zusatzversicherung als situationsbedingte Leistung kann unter anderem in folgenden Fällen angemessen sein:

  • Bestehen von gesundheitlichen Problemen, die sich mit den über die obligatorische Grundversicherung gedeckten schulmedizinischen Behandlungen nicht lösen lassen, bei denen aber Massnahmen der Komplementär- oder Alternativmedizin eine deutliche Verbesserung des Gesundheitszustandes oder Heilung bewirken.

  • Übernahme einer Zusatzversicherung für Zahnbehandlungen, wenn eine notwenige grössere zahnärztliche Behandlung ansteht und ein Vergleich zwischen Prämie und Kostenvoranschlag für die Behandlung ergibt, dass die Zusatzversicherung die kostengünstigere Variante ist.

Rechtsprechung

VB.2018.00217: Die Kosten der von der Beschwerdeführerin aufgrund ärztlicher Empfehlung in Anspruch genommenen Osteopathiebehandlungen werden durch eine weitere von der Beschwerdegegnerin übernommene Zusatzversicherung voll gedeckt, weshalb die streitige Zusatzversicherung für die Osteopathiebehandlungen nicht erforderlich ist. Dass eine Haushaltshilfe, welche ebenfalls durch die streitige Zusatzversicherung übernommen wird, aus medizinischer Sicht notwendig wäre, ergibt sich aus den vorgelegten Arztzeugnissen nicht. Auch ist aus den dargelegten Umständen nicht ersichtlich, weshalb die Beschwerdeführerin auf eine Haushaltshilfe angewiesen sein sollte. Indem die Beschwerdegegnerin die Kosten der Prämien für die streitige Zusatzversicherung nicht übernommen hat, hat sie ihr Ermessen deshalb weder über- noch unterschritten noch missbraucht (E. 5).

VB.2016.00204: Prämien für Zusatzversicherungen werden grundsätzlich von der Sozialhilfe nicht übernommen. Ein über die Grundversicherung hinausgehender Versicherungsschutz ist gemäss Rechtsprechung zu übernehmen, wenn die zu erwartenden oder erbrachten Versicherungsleistungen höher sind als die Prämien.

VB.2014.00577: Aus heutiger Sicht bestehen keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass die Beschwerdeführerin in absehbarer Zeit in der Lage sein wird, als Selbständigerwerbende ihren Lebensunterhalt zu bestreiten, nachdem sie ihre Ausbildung längst abgeschlossen hat und sich bereits seit September 2012 intensiv um eine Anstellung oder eine selbständige Tätigkeit bemüht. Es ist daher nicht zu beanstanden und liegt ohne Weiteres in deren Ermessen, wenn die Beschwerdegegnerin bzw. die Vorinstanz die Übernahme der Versicherungsprämien ablehnen. Die wirtschaftliche Hilfe beschränkt sich auf die Ermöglichung eines angemessenen Lebensunterhalts. Es würde deren Sinn und Zweck zuwiderlaufen, wenn momentan nicht notwendige Kosten übernommen würden, bloss um allfällige spätere Nachteile zu vermeiden (E. 5.1).

VB.2011.00223: Sozialhilferechtliche Kostenübernahme einer Krankenkassen-Zusatzver­sicherung. Die Sozialhilfe hat krankheits- und behinderungsbedingte Kosten auch für jene Leistungen zu übernehmen, die zwar nicht im Rahmen der medizinischen Grundversorgung liegen, aber im konkreten Einzelfall sinnvoll und nutzbringend sind (E. 2.2). Die Behörden verletzten das rechtliche Gehör der um Kostenübernahme ersuchenden Beschwerdeführerin mehrfach, indem sie den erstinstanzlichen Entscheid nicht begründeten und ihr weder ein vorgängiges Äusserungs- noch ein Replikrecht einräumten (E. 4.5). Der Sachverhalt wurde von den Behörden in verschiedener Hinsicht nicht rechtsgenügend erstellt. Die eingereichten Arztzeugnisse hätten nicht ohne weitere Abklärungen als ungenügender Beleg dafür erachtet werden dürfen, dass die von der Beschwerdeführerin geforderten alternativen Behandlungsmethoden die einzig möglichen seien. Vielmehr hätten die Behörden den Sachverhalt diesbezüglich weiter untersuchen müssen, etwa indem sie der Beschwerdeführerin die Auflage erteilt hätten, den Bezirksarzt oder einen anderen vertrauenswürdigen Arzt aufzusuchen (E. 5.2). Aufgrund der mangelhaften behördlichen Sachverhaltsabklärungen besteht keine Klarheit darüber, ob die Leistungen der Krankenkassen-Zusatzversicherungen für die Beschwerdeführerin sinnvoll und/oder erforderlich sind oder nicht (E. 5.3). Rückweisung.

VB.2007.00515: Kostenübernahme für Zusatzversicherung der Krankenkasse (Fr. 50.--) und medizinische Mehrauslagen von Fr. 100.--/Mt. Krankheits- und behinderungsbedingte Spezialauslagen sind gemäss Ziff. C.1.1 der SKOS-Richtlinien zu übernehmen. Dies sind Kosten für Leistungen, die nicht im Rahmen der medizinischen Grundversorgung liegen, im konkreten Einzelfall aber sinnvoll und nutzbringend sind (E. 2). Das Verwaltungsgericht hat nur zu entscheiden, ob die Leistungen, welche übernommen werden sollen, sinnvoll und nutzbringend sind. Da der Entscheid darüber jedoch weitgehend im Ermessen der Beschwerdegegnerin liegt, ist das Verwaltungsgericht auf eine Rechtskontrolle beschränkt (§ 50 VRG). Trotz verschiedener nicht schulmedizinischer Behandlungen hat sich der Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin nicht grundlegend verbessert. Es ist deshalb nicht zu beanstanden, wenn die Beschwerdegegnerin medizinische Mehrauslagen sowie die Prämien für die Zusatzversicherung der Krankenkasse nicht mehr übernimmt (E. 3.4).

VB.2002.00254: Es besteht nur ausnahmsweise Anspruch auf Übernahme der Kosten von Zusatzversicherungen und von Behandlungen, die nicht durch die Grundversicherung gedeckt sind. Das durch die Sozialhilfe garantierte soziale Existenzminimum umfasst vielmehr nur die notwendigen ärztlichen oder therapeutischen Behandlungen (§ 15 Abs. 2 SHG). Den Gemeinden steht deshalb ein erhebliches Ermessen zu, ob sie neben der obligatorischen Grundversicherung zusätzliche Versicherungen oder nicht durch die Grundversicherung gedeckte Behandlungen finanzieren wollen; auf beides besteht nur ausnahmsweise Anspruch. Unterstützte haben zudem rechtzeitig ein entsprechendes Gesuch zu stellen (E. 2a). Die fragliche Behandlung war nicht ärztlich angeordnet. Die Gemeinde durfte deshalb deren Notwendigkeit ohne Rechtsverletzung verneinen (E. 2c).

VB:1999.00234 (nicht publiziert): Das soziale Existenzminimum beinhaltet die Prämien der obligatorischen Krankenversicherung, welche direkt von der Behörde gedeckt werden, aber nicht als Sozialhilfeleistungen gelten. Darüber hinaus können Kosten von Zusatzversicherungen übernommen werden, falls dadurch notwendige Leistungen sichergestellt werden und der über die Grundversorgung hinausgehende Versicherungsschutz im Vergleich zur unmittelbaren Kostentragung die günstigere Lösung darstellt. Ein eigentlicher Anspruch auf eine solche Übernahme besteht allerdings nicht, sie ist vielmehr ins Ermessen der zuständigen Behörde gestellt. (vgl. auch VB.1999.00308 und VB.1999.00258, beide nicht publiziert).

Praxishilfen