Rechtsgrundlagen
Art. 253 bis Art. 273c Obligationenrecht(OR),SR 220
Verordnung über die Miete und Pacht von Wohn- und Geschäftsräumen (VMWG), SR 221.213.11
Erläuterungen
1. Allgemeines
Das Mietrecht ist in den Art. 253 bis 273c des Obligationenrechts (OR) geregelt. Neben allgemeinen Bestimmungen (insbesondere über Begriff und Geltungsbereich des Mietvertrags, Pflichten der Mieter und Vermieter, Vorgehen bei Mängeln und Beendigung des Mietverhältnisses) enthält es für Wohn- und Geschäftsräume geltende Vorschriften zum Schutz vor missbräuchlichen Mietzinsen und anderen missbräuchlichen Forderungen des Vermieters und über den Kündigungsschutz. Zudem ist die Verordnung über die Miete und Pacht von Wohn- und Geschäftsräumen (VMWG) zu beachten.
Unter den Allgemeinen Bestimmungen (Art. 253 bis 268b OR) sind vor allem folgende hervorzuheben:
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Art. 256a OR: Auskunftspflicht des Vermieters hinsichtlich des vorangegangenen Mietverhältnisses (Rückgabeprotokoll und vorheriger Mietzins),
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Art. 257a OR und Art. 257b OR: Begriff, Umfang und Nachweis der Nebenkosten, insbesondere bei Wohn- und Geschäftsräumen (v.a. Heizungs- und Warmwasserkosten; vgl. auch Art. 4 bis 8 VMWG),
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Art. 257d OR: Rechte des Vermieters bei Zahlungsrückstand des Mieters (Fristansetzung und ausserordentliche Kündigung bei unbenütztem Fristablauf),
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Art. 259a- Art. 259i OR: Rechte des Mieters bei Mängeln der Mietsache (Beseitigung des Mangels, Herabsetzung und Hinterlegung des Mietzinses, Schadenersatz),
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Art. 261 OR: Übergang des Mietverhältnisses bei Wechsel des Eigentümers,
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Art. 266cOR und Art. 266e OR: Kündigungsfristen und -termine bei Wohnungen und möblierten Zimmern,
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Art. 266g OR - Art. 266i OR: Möglichkeit zur ausserordentlichen Kündigung aus wichtigen Gründen sowie bei Konkurs und Tod des Mieters,
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Art. 266l OR: Schriftlichkeit der Kündigung und Formularpflicht bei der Kündigung des Vermieters (vgl. auch Art. 266o OR und Art.9 VMWG),
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Art. 266m OR und Art. 266n OR: Erfordernis der Kündigung durch beide Ehegatten bzw. der separaten Zustellung der Kündigung an beide Ehegatten bei Familienwohnungen (vgl. auch Art. 266o OR).
2. Schutz der Mieterschaft vor missbräuchlichen Mietzinsen
Der Schutz der Mieterschaft vor missbräuchlichen Mietzinsen und anderen missbräuchlichen Forderungen des Vermieters bei der Miete von Wohn- und Geschäftsräumen ist in den Art. 269 bis 270e OR geregelt.
Diese Bestimmungen gelten sinngemäss auch für nichtlandwirtschaftliche Pacht- und andere Verträge, die im Wesentlichen die Überlassung von Wohn- oder Geschäftsräumen gegen Entgelt regeln. Dagegen finden sie keine Anwendung auf die Miete von luxuriösen Wohnungen und von Einfamilienhäusern mit mindestens sechs Wohnräumen (Art. 253b Abs. 2 OR; vgl. auch Art. 2 Abs. 1 VMWG). Mietzinse für Wohnräume, deren Bereitstellung von der öffentlichen Hand gefördert wurde und deren Mietzinse durch eine Behörde kontrolliert werden, können nicht als missbräuchlich angefochten werden (Art. 253b Abs. 3 OR; vgl. auch Art. 2 Abs. 2 VMWG).
Mietzinse sind dann missbräuchlich, wenn damit ein übersetzter Ertrag erzielt wird oder falls sie auf einem offensichtlich übersetzten Kaufpreis beruhen (Art. 269 OR und Art. 10 VMWG). In der Regel kein Missbrauch liegt z.B. vor bei Orts- oder Quartierüblichkeit, bei entsprechenden Kostensteigerungen (z.B. Erhöhung der Hypothekarsätze sowie von Gebühren oder Unterhaltskosten) oder Mehrleistungen des Vermieters (wertvermehrende Verbesserungen oder zusätzliche Nebenleistungen), bei Übereinstimmung mit der kostendeckenden Bruttorendite (bei neueren Bauten) und im Rahmen eines (zu höchstens 40% dem Konsumentenpreisanstieg entsprechenden) Ausgleichs der Teuerung auf dem risikotragenden Kapital (Art. 269a OR und Art. 11 bis 15 VMWG).
Eine Mietzinserhöhung oder eine andere einseitige Vertragsänderung zu Ungunsten des Mieters muss auf einen Kündigungstermin erfolgen und dem Mieter mindestens zehn Tage vor Beginn der Kündigungsfrist auf amtlich genehmigtem Formular mit entsprechender Begründung mitgeteilt werden (Art. 269d OR und Art. 19 VMWG und Art. 20 VMWG).
Der Anfangsmietzins kann vom Mieter innert 30 Tagen nach Mietantritt bei der Schlichtungsbehörde angefochten werden, wenn sich der Mieter bei Vertragsschluss in einer Notlage befunden hat oder sich wegen der Verhältnisse auf dem örtlichen Markt für Wohn- und Geschäftsräume zum Vertragsabschluss gezwungen sah oder falls der Vermieter vorher einen erheblich tieferen Mietzins verlangt hat (Art. 270 OR).
Während der Mietdauer kann der Mieter beim Vermieter schriftlich (und sinnvollerweise eingeschrieben) eine Herabsetzung des Mietzinses auf den nächstmöglichen Kündigungstermin verlangen, wenn zu vermuten ist, dass der Vermieter (vor allem) wegen Kostensenkungen (z.B. gesunkene Hypothekarsätze) einen übersetzten Ertrag erzielt (Art. 270a OR).
Mietzinserhöhungen oder andere einseitige Vertragsänderungen zu Lasten des Mieters (z.B. Verminderung bisheriger Leistungen oder Einführung neuer Nebenkosten) können vom Mieter innert 30 Tagen nach ihrer Mitteilung bei der Schlichtungsbehörde angefochten werden (Art. 270b OR).
3. Kündigungsschutz bei der Miete von Wohn- und Geschäftsräumen
Den Kündigungsschutz bei der Miete von Wohn- und Geschäftsräumen regeln die Art. 271 bis 273c OR (vgl. auch Art. 300 OR betreffend sinngemässer Anwendung dieser Bestimmungen bei der Pacht von Wohn- und Geschäftsräumen sowie besonders Art. 273a OR über die Rechte des Ehegatten bzw. eingetragenen Partners des Mieters bei Familienwohnungen).
Eine Kündigung muss auf Verlangen begründet werden und ist dann anfechtbar, wenn sie gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstösst (Art. 271 OR). Dies ist unter anderem dann der Fall, wenn der Vermieter kündigt, weil der Mieter nach Treu und Glauben Ansprüche aus dem Mietverhältnis geltend macht, weil er eine Mietzinsanpassung oder andere Vertragsänderung zu Lasten des Mieters durchsetzen will, weil er den Mieter zum Erwerb der Wohnung veranlassen will oder weil sich die familiäre Situation des Mieters geändert hat (ohne dass dem Vermieter daraus wesentliche Nachteile entstehen). Zudem ist eine Kündigung anfechtbar, falls sie erfolgt während eines mit dem Mietverhältnis zusammenhängenden (und vom Mieter nicht missbräuchlich eingeleiteten) Schlichtungs- oder Gerichtsverfahrens oder vor Ablauf von drei Jahren nach Abschluss eines solchen (sofern der Vermieter zu einem erheblichen Teil unterlegen ist oder auf die Fortführung des Verfahrens verzichtet oder sich mit dem Mieter geeinigt hat). Dieser letzte Umstand gilt allerdings dann nicht, wenn der Vermieter aus besonderen Gründen kündigt (z.B. wegen dringendem Eigenbedarf oder Zahlungsrückstand; vgl. zum Ganzen Art. 271a OR). Eine Kündigung muss innert 30 Tagen nach deren Empfang bei der Schlichtungsbehörde angefochten werden (Art. 273 Abs. 1 OR).
Eine Erstreckung des Mietverhältnisses kann dann verlangt werden, wenn dessen Beendigung (durch Kündigung des Vermieters oder Vertragsablauf bei befristeten Mietverträgen) für den Mieter oder seine Familie eine durch die Interessen des Vermieters nicht zu rechtfertigende Härte zur Folge hätte (Art. 272 OR). Ausgeschlossen ist sie bei Kündigungen wegen Zahlungsrückstand oder schwerer Pflichtverletzung oder Konkurs des Mieters sowie bei Mietverträgen, die im Hinblick auf ein bevorstehendes Umbau- oder Abbruchvorhaben ausdrücklich nur für die beschränkte Zeit bis zum Baubeginn oder bis zum Erhalt der erforderlichen Bewilligung abgeschlossen worden sind (Art. 272a Abs. 1 OR). Ebenso kann in der Regel keine Erstreckung verlangt werden, wenn der Vermieter dem Mieter einen gleichwertigen Ersatz anbietet (Art. 272a Abs. 2 OR). Für Wohnräume darf das Mietverhältnis um höchstens vier und für Geschäftsräume um maximal sechs Jahre erstreckt werden, wobei im Rahmen der Höchstdauer eine oder zwei Erstreckungen gewährt werden können (Art. 272b OR). Während der Erstreckung bestehen für den Mieter erleichterte Kündigungsmöglichkeiten (Art. 272d OR). Die Erstreckung muss bei einem unbefristeten Mietverhältnis innert 30 Tagen nach Empfang der Kündigung und bei einem befristeten Mietverhältnis spätestens 60 Tage vor dessen Ablauf bei der Schlichtungsbehörde verlangt werden (Art. 273 Abs. 2 OR).
4. Behörden und Verfahren (Art. 274 bis 274g OR)
Im Rahmen der Miete unbeweglicher Sachen (z.B. von Wohnräumen) bestehen Schlichtungsbehörden, welche die Parteien in allen Mietfragen beraten, in Streitfällen eine Einigung versuchen (Art. 200 ZPO, Art. 201 ZPO, Art. 208 ZPO, Art. 21 VMWG und Art. 22 VMWG). Im Kanton Zürich sind dies die dem jeweiligen Bezirksgericht angegliederten Paritätischen Schlichtungsbehörden in Miet- und Pachtsachen (§ 63 ff.GOG). Zudem besteht in jedem Bezirk ein Mietgericht (vgl. § 16GOG, § 21 GOG, § 26 GOG).
Bei der Miete von Räumlichkeiten sind die Behörden und Gerichte am Ort der unbeweglichen Sache (d.h. dort, wo sich die Wohnung befindet) zuständig (Art. 33 ZPO).
Bei Streitigkeiten aus Miete und Pacht von Wohn- und Geschäftsräumen (sowie aus landwirtschaftlicher Pacht), sofern die Hinterlegung von Miet- und Pachtzinsen, der Schutz vor missbräuchlichen Miet- und Pachtzinsen, der Kündigungsschutz oder die Erstreckung des Miet- oder Pachtverhältnisses betroffen ist, kann die Schlichtungsbehörde den Parteien einen Urteilsvorschlag unterbreiten (Art. 210 ZPO). Der Urteilsvorschlag gilt als angenommen und hat die Wirkungen eines rechtskräftigen Entscheids, wenn ihn keine Partei innert 20 Tagen seit der schriftlichen Eröffnung ablehnt. Die Ablehnung bedarf keiner Begründung (Art. 211 ZPO). Nach Eingang der Ablehnung stellt die Schlichtungsbehörde der ablehnenden Partei die Klagebewilligung zu (Art. 211 Abs. 2 ZPO). Wird die Klage anschliessend nicht rechtzeitig beim Mietgericht eingereicht, so gilt der Urteilsvorschlag als anerkannt und er hat die Wirkungen eines rechtskräftigen Entscheides (Art. 211 Abs. 3 ZPO). Vor der Schlichtungsbehörde ist das Verfahren kostenlos (Art.113 ZPO).
In den genannten Streitigkeiten gilt vor Mietgericht das vereinfachte Verfahren nach Art. 243 ff. ZPO.
5. Persönliche Hilfe (Art. 23 SHEG)
Wenn einem Klienten die Wohnung gekündigt wird, der Klient mit seinem Mietzins nicht zufrieden ist oder er andere Schwierigkeiten mit seinem Vermieter hat, so gehört es zur persönlichen Hilfe im Sinne von Art. 23 SHEG, ihn entweder (soweit die erforderlichen Kenntnisse vorhanden sind) über seine Rechte und das weitere Vorgehen zu beraten oder ihm die unentgeltliche Dienstleistung der in Mietfragen spezialisierten Paritätischen Schlichtungsbehörde in Miet- und Pachtsachen zu vermitteln.
Rechtsprechung
Praxishilfen
Weitere Informationen: Mieterverband Schaffhausen