4.1.03. Angebote im Rahmen der persönlichen Hilfe

Rechtsgrundlagen

Gesetz über die öffentliche Sozialhilfe und soziale Einrichtungen (SHEG) vom 28. Oktober 2013 (SHR 850.100)

Schweizerisches Obligationenrecht vom 30. März 1911 (OR), SR 220

SKOS-Richtlinien, Kapitel B.3

Erläuterungen

1.   Allgemeines

Gemäss SKOS-Richtlinien, Kapitel B.3, umfasst die persönliche Hilfe eine auf die individuelle Lebenslage zugeschnittene Beratung und Begleitung. Sie ist vom Angebot her grundsätzlich nicht beschränkt und kann neben Gesprächen auch Schreibhilfen, Unterstützung bei Arbeits- und Wohnungssuche, administrative Korrespondenz mit Sozialversicherungen bis hin zu aufwändigen Abklärungen umfassen. Bei der Durchführung der persönlichen Hilfe sollen

  • der Persönlichkeit bzw. den Fähigkeiten und Möglichkeiten sowie der besonderen Situation der Klientin bzw. des Klienten Rechnung getragen werden (Individualisierung),

  • die Selbständigkeit der betroffenen Person und deren Selbsthilfebereitschaft und Handlungskompetenz gefördert werden,

  • der Klientin bzw. dem Klienten die zur Verfügung stehenden Hilfsmöglichkeiten klar erläutert werden,

  • die Situation der Klientin bzw. des Klienten analysiert werden und die Hilfe systematisch und planmässig sowie zielgerichtet erfolgen (Hilfeplan),

  • die Hilfe mit der Klientin bzw. dem Klienten abgesprochen und genau vereinbart werden, wer welche Schritte bis wann unternimmt.

2.   Beratung

Eine Beratung kann z.B. die Besprechung der Situation der Klientin bzw. des Klienten und Aufzeigen von Lösungsmöglichkeiten, die Information über soziale Leistungen und Angebote sowie über rechtliche Ansprüche, Haushaltanleitung, die Hilfe bei der Durchsetzung von Rechtsansprüchen, beispielsweise gegen Sozialversicherungen, Arbeitgeber und Vermieter, umfassen.

2.1.   Budgetberatung

Im Rahmen der Beratung kann es auch darum gehen, Klientinnen oder Klienten, welche dazu nicht selber in der Lage sind, sondern über ihre Verhältnisse leben, zu helfen, dass sie mit den ihnen zukommenden Einkünften die jeweiligen Ausgaben decken können. Dies betrifft einerseits mit Sozialhilfeleistungen unterstützte, nur über das soziale Existenzminimum verfügende Personen, anderseits aber auch solche, die darüber hinaus Mittel haben und welchen demnach keine wirtschaftliche Hilfe zusteht.

Ziel einer Budgetberatung ist es, die Einkünfte so zu verwalten, dass daraus nicht nur momentane feste Verpflichtungen und persönliche Auslagen gedeckt, sondern auch (sofern nicht genügend Vermögen vorhanden ist) Rückstellungen für später fällig werdende Ausgaben (z.B. Steuern, Zahnarztkosten, Einrichtungsgegenstände, Ferien) gemacht werden können.

Um das Ausgabenverhalten in den Griff zu bekommen und dadurch die finanzielle Situation zu verbessern, ist zunächst die Aufstellung eines Budgets erforderlich, welches von der Haushaltgrösse und den Familienverhältnissen abhängig ist. Obwohl es teilweise nur Durchschnittswerte enthält, kann ein Budget den Klientinnen und Klienten Aufschluss darüber geben, ob einzelne Ausgabenpositionen im Rahmen liegen oder aber zu hoch sind.

Über das Erstellen eines Budgets hinaus besteht zudem die Möglichkeit der freiwilligen Einkommensverwaltung (vgl. SKOS-Richtlinien, Kapitel B.3, Erläuterungen). Dabei handelt es sich um eine häufige Form der persönlichen Hilfe durch die Sozialdienste. Vorausgesetzt ist, dass das Sozialhilfeorgan von der unterstützten Person mit der Einkommensverwaltung beauftragt und dazu ermächtigt wird, sie gegenüber Dritten rechtsgültig zu vertreten.

Für Personen, die zudem mit wirtschaftlicher Hilfe unterstützt werden, sind die SKOS-Richtlinien massgeblich. Gestützt darauf ist zur Festsetzung der Sozialhilfeleistungen ohnehin ein Budget zu erstellen (vgl. § 21 SHEV). Diese Bedarfsrechnung (in der Form eines entsprechenden Budgetblatts) kann dann auch den jeweiligen Klientinnen und Klienten als Anhaltspunkt dafür dienen, wie viel sie für die einzelnen Positionen höchstens auslegen sollten.

Grundsätzlich kann auch bei der Beratung von nicht mit Sozialhilfeleistungen unterstützten Klientinnen und Klienten von den SKOS-Richtlinien ausgegangen werden. In diesen Fällen sind auch Verpflichtungen zu berücksichtigen, welche nicht über die Sozialhilfe finanziert werden.

Falls zusätzlich erforderlich können bei der Arbeitsgemeinschaft der Schweizerischen Budgetberatungsstellen entsprechende, von der Einkommenshöhe und der Haushaltgrösse bzw. den Familienverhältnissen abhängige Beispiele (jeweils aufgeteilt in feste Verpflichtungen, Haushaltausgaben, persönliche Auslagen und Rückstellungen) sowie weitere Richtlinien und Merkblätter bezogen werden.

Betreffend eine Schuldenberatung empfehlen die SKOS-Richtlinien, Kapitel B.3, Beratungsleistungen derjenigen Schuldenberatungsstellen zu finanzieren, die dem Verband Schuldenberatung Schweiz (www.schulden.ch) angeschlossen sind und sich den Beratungsgrundsätzen dieses Fachverbandes verpflichten.

Vgl. auch Kapitel 4.2.01.

 

3.   Betreuung

Die Betreuung stellt eine intensivere, aber selbstverständlich ebenfalls vom Einverständnis der Klientin bzw. des Klienten abhängige Form der persönlichen Hilfe dar, z.B. Durchführung von Lohnverwaltungen oder Hilfe bei der Geltendmachung von Rechtsansprüchen bzw. beim Führen von Verhandlungen Dritten gegenüber.

4.   Vermittlung

Vermittelt werden können beispielsweise

  • Dienstleistungen anderer Stellen, soweit die Beratungs- und Betreuungsstellen die persönliche Hilfe nicht selber vornehmen oder falls spezialisierte Hilfe nötig ist (durch spezialisierte Beratungs- und Betreuungsstellen oder ärztliche, pflegerische und psychologische Institutionen oder im Rahmen von Heim- und Klinikplätzen sowie von Erholungs- und Kuraufenthalten),

  • Arbeits- und ausnahmsweise Lehrstellen sowie Wohngelegenheiten, soweit dies den Sozialhilfeorganen möglich ist und dafür nicht andere öffentliche oder private Stellen, deren Hilfe der Klientin bzw. dem Klienten zu vermitteln ist, zuständig sind,

  • wirtschaftliche Hilfe durch Benachrichtigung der Sozialbehörde, falls jemand finanzielle Unterstützung benötigt.

5.   Vertretungshandlungen

Beabsichtigt die Sozialbehörde, im Rahmen der persönlichen Hilfe für die Klientin bzw. den Klienten Handlungen vorzunehmen, welche sonst ihr bzw. ihm vorbehalten wären, bedarf sie dafür in der Regel eines Auftrags. Allerding

Vorbehältlich von öffentlich-rechtlichen Vorschriften (insbesondere über die Staatshaftung) sind auf einen solchen, wenn möglich schriftlich zu erteilenden Auftrag die entsprechenden Bestimmungen des Obligationenrechts (Art. 394 bis 406 OR) zumindest sinngemäss anwendbar.

Danach ist im Auftrag normalerweise auch die Ermächtigung zu den zu dessen Ausführung gehörenden Rechtshandlungen enthalten. Der Beauftragte

  • hat die Vorschriften des Auftraggebers grundsätzlich zu beachten,

  • haftet für getreue und sorgfältige Ausführung,

  • hat das Geschäft ohne Ermächtigung zur Übertragung an einen Dritten in der Regel persönlich zu besorgen,

  • muss über seine Geschäftsführung Rechenschaft ablegen und das ihm Zugekommene abliefern.

Zudem kann der Auftrag von jedem Teil jederzeit widerrufen werden, wobei eine Beendigung zur Unzeit schadenersatzpflichtig macht. Ohne gegenteilige Abrede erlischt der Auftrag normalerweise durch den Tod, durch eintretende Handlungsunfähigkeit und durch den Konkurs des Auftraggebers oder des Beauftragten (vgl. aber Art. 405 Abs. 2 OR).

Allerdings kann die Sozialhilfebehörde gestützt auf Art. 24 SHEG auch ohne Auftrag im Rahmen der persönlichen Hilfe für Hilfesuchende jene Beiträge und Leistungen geltend machen, auf die sie einen Rechtsanspruch haben, soweit hierfür nicht eine andere Stelle zuständig ist.

5.1.   Stellvertretung

Für die Stellvertretung Dritten gegenüber gelten die Art. 32 ff. OR. Deshalb ist es wichtig, dass die Klientin bzw. der Klient die Sozialbehörde (bzw. deren Mitarbeiter/-innen) im Rahmen des entsprechenden Auftrags (z.B. betreffend Einkommens- und Vermögensverwaltung) schriftlich ermächtigt bzw. ihr Vollmacht erteilt, sie/ihn rechtsgültig zu vertreten und zudem vorsieht, dass Auftrag und Vollmacht auch mit dem Tod bzw. der Verschollenerklärung, dem Verlust der Handlungsfähigkeit oder dem Konkurs nicht erlöschen (vgl. Art. 35 OR und Art. 405 OR).

5.2.   Einkommensverwaltung

Ohne eine Auflage im Sinn von Art 26 Abs. 2 SHEG ist auch eine Verwaltung der Einkünfte (z.B. des Lohnes) und des Vermögens der Klientin bzw. des Klienten im Rahmen der Öffentlichen Sozialhilfe nur mit ihrem/seinem Einverständnis oder aufgrund eines entsprechenden Auftrags zulässig. Die betroffene Person hat die Sozialbehörde mit der Durchführung der Einkommens- und Vermögensverwaltung zu beauftragen und sie zu ermächtigen, sie zu diesem Zweck Dritten gegenüber rechtsgültig zu vertreten. Voraussetzung zur Übernahme einer Einkommens- und Vermögensverwaltung ist, dass sie nicht selber in der Lage ist, ihre finanziellen Angelegenheiten korrekt zu besorgen bzw. die ihr zur Verfügung stehenden Mittel sachgerecht einzusetzen.

5.3.   Geschäftsführung ohne Auftrag

Besorgt die Sozialbehörde für die Klientin bzw. den Klienten ein Geschäft, ohne von ihr/ihm oder dazu beauftragt worden zu sein, ist sie selbstverständlich verpflichtet, es so zu führen, wie es dem Vorteil und der mutmasslichen Absicht der Klientin bzw. dem Klienten entspricht (vgl. Art. 419 OR). Zu einer solchen Geschäftsführung ohne Auftrag kann es z.B. dann kommen, wenn die Klientin bzw. der Klient in einer dringenden Angelegenheit nicht rechtzeitig erreichbar ist. Dafür gelten zumindest sinngemäss die Art. 419 bis 424 OR. Wird eine solche Geschäftsbesorgung von der Klientin bzw. vom Klienten nachträglich gebilligt, so kommen die Vorschriften über den einfachen Auftrag zur (analogen) Anwendung (Art. 424 OR).

Rechtsprechung


Praxishilfen

Budgetberatung Schweiz:

Kantonale Budgetberatungsstellen: