Rechtsgrundlagen
SKOS-Richtlinien, Kapitel C.6.5
Erläuterungen
1. Allgemeines
Gemäss Art. 25 Abs. 1 SHEG hat die wirtschaftliche Hilfe unter anderem auch die notwendige ärztliche oder therapeutische Behandlung sicherzustellen. Die medizinische Grundversorgung ist weitgehend durch die obligatorische Krankenversicherung sichergestellt. In gewissen Fällen kann es jedoch angezeigt sein, durch die obligatorische Krankenversicherung nicht gedeckte medizinische Sonderleistungen zu übernehmen. Es geht hier um krankheits- und behinderungsbedingte Spezialauslagen, welche nach SKOS-Richtlinien, Kapitel C.6.5, zu übernehmen sind, wenn sie im konkreten Einzelfall sinnvoll und nutzbringend sind. Der Entscheid darüber steht weitgehend im Ermessen der Sozialbehörde.
2. Medizinische Sonderleistungen
Zu den medizinischen Sonderleistungen gehören alle Behandlungen, Kuren, Therapien, Medikamente etc., welche von der obligatorischen Krankenversicherung nicht oder nicht vollständig übernommen werden.
Beispiele:
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Komplementär- oder Alternativmedizin,
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Psychotherapien, die nicht von einem Arzt oder auf ärztliche Anordnung hin durchgeführt werden,
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Behandlung von Suchterkrankungen.
Bei der Klärung, ob eine solche Leistung zu übernehmen ist, hat die Sozialbehörde die Notwendigkeit und den Nutzen der beantragten Leistung zu prüfen. Dazu hat sie den Sachverhalt abzuklären und gegebenenfalls Fachleute namentlich zur Klärung von medizinischen Fragen beizuziehen. Sie kann die Übernahme von Kosten ganz oder teilweise verweigern, wenn die beantragte Behandlung nicht erforderlich ist oder sie eine vertretbare günstigere Alternative anzubieten vermag. Im letzteren Fall muss die angebotene Alternative allerdings geeignet sein, das bestehende Problem angemessen anzugehen. Zu prüfen ist im Weiteren, ob die in Frage stehenden Leistungen von dritter Seite übernommen werden.
Will eine unterstützte Person eine medizinische Sonderleistung in Anspruch nehmen, hat sie grundsätzlich vorgängig bei der Sozialbehörde um Kostengutsprache zu ersuchen (vgl. dazu Kapitel 10).
Rechtsprechung
VB.2019.00292: Der Beschwerdeführer legt glaubhaft dar, dass er aus gesundheitlichen Gründen dringend auf die nicht krankenkassenpflichtige, aber fachärztlich verschriebene Hautcreme angewiesen sei, ohne dass die Beschwerdegegnerin entgegenstehende Interessen geltend macht. Als vorsorgliche Massnahme ist deshalb die einstweilige Kostenübernahme der Hautcreme durch die Sozialbehörde anzuordnen (E. 2).
VB.2017.00277: Zu den Pflichtleistungen der Krankenkasse gehört nur die von Ärzten selber durchgeführte und die delegierte Psychotherapie, d.h. die von einem bei einem Arzt angestellten Psychologen durchgeführte Psychotherapie. Selbständige Psychotherapeuten sind keine anerkannten Leistungserbringer der Krankenkassen (E. 2.2). Behandlungen, welche im Rahmen des Leistungskataloges der Grundversicherung keine Deckung finden, werden durch Sozialhilfebehörden nur in besonderen Ausnahmefällen übernommen, wenn diese Leistungen im konkreten Einzelfall sinnvoll und nutzbringend sind. Diesbezüglich kommt der Behörde Ermessen zu (E. 2.3 f.). Der Beschwerdeführer legt nicht dar, welche (erfolglosen) Bemühungen er unternommen hat, um einen Leistungserbringer der Grundversorgung zu finden, und es fehlt eine Erklärung dafür, weshalb die Therapie nur gerade bei dem von ihm genannten Psychologen durchgeführt werden soll. Unter diesen Umständen ist es nicht rechtsverletzend, wenn die Beschwerdegegnerin die Übernahme der Behandlungskosten ablehnte (E. 3.).
VB.2017.00379: Die medizinische Grundversorgung ist weitgehend durch die obligatorische Krankenversicherung abgedeckt. Nicht abgedeckte medizinische Behandlungen werden durch Sozialhilfebehörden übernommen, wenn sie im konkreten Einzelfall sinnvoll und nutzbringend sind. Im Grundbedarf wird fürsorgeabhängigen Personen bereits ein Betrag für selbst gekaufte Medikamente eingerechnet (E. 3.2). Will eine unterstützte Person eine medizinische Sonderleistung in Anspruch nehmen, hat sie grundsätzlich vorgängig um Kostengutsprache zu ersuchen (E. 3.3). Der Behörde kommt bei der Beurteilung, ob medizinische Leistungen im konkreten Einzelfall sinnvoll und nutzbringend sind, Ermessen zu (E. 3.4). Die Vorinstanzen lehnten die Kostenübernahme des Medikaments ab, weil es ein Lifestyle-Produkt sei und weder zur Schmerzlinderung noch zur Heilung einer Krankheit oder Verletzung beitrage noch zur Förderung der Gesundheit diene. Darin liegt keine rechtsfehlerhafte Ermessensausübung. Dass sich die erektile Dysfunktion negativ auf die Psyche des Beschwerdeführers auswirkt, ändert daran nichts, da dies allein für die Annahme einer besonderen Notwendigkeit für die ausnahmsweise Übernahme von nicht durch die Krankenkasse gedeckten Medikamentenkosten durch die Sozialhilfebehörde nicht genügt (E. 4.2.2).
VB.2011.00292 (nicht publiziert): Aufgrund des grossen behördlichen Beurteilungsspielraums ist nicht zu beanstanden, dass die Beschwerdegegnerin die Kostenübernahme der strittigen komplementärmedizinischen Leistungen davon abhängig machte, dass der Beschwerdeführer eine ausführliche ärztliche Empfehlung sowie detaillierte Ausführungen über den geplanten Ablauf und die Kosten der gewünschten Behandlungen einbringe. Die einverlangten Belege wären geeignet, um die Notwendigkeit bzw. den Sinn und Nutzen einer komplementärmedizinischen Behandlung des Beschwerdeführers sachlich beurteilen zu können. Die vom Beschwerdeführer eingereichten Dokumente genügten diesen Anforderungen nicht (E. 4.1). Die ohne nähere behördliche Untersuchung erfolgte anfängliche Finanzierung von Kosten nicht kassenpflichtiger Leistungen vermag dem Beschwerdeführer kein berechtigtes Vertrauen in eine sozialhilferechtliche Übernahme sämtlicher seit Mai 2009 angefallener komplementärmedizinisch bedingter Kosten zu verleihen. Aus dem Umstand, dass die Sozialbehörde Sinn und Nutzen der komplementärmedizinischen Leistungen zunächst nicht hinterfragte und den diesbezüglichen Sachverhalt erst Anfang 2010 abzuklären begann, kann der Beschwerdeführer keinen auf Treu und Glauben gestützten Anspruch auf eine Finanzierung der 2009 entstandenen Phytotherapie- und Shiatsu-Behandlungskosten, der damit verbundenen Spesen sowie der Ausgabe für Zusatzversicherungsprämien und -selbstbehalte ableiten. Noch viel weniger schützenswert erscheint ein allfälliges Vertrauen des Beschwerdeführers in eine sozialhilferechtliche Finanzierung der im Jahr 2010 angefallenen komplementärmedizinischen Kosten (E. 4.2).
VB.2011.00223: Sozialhilferechtliche Kostenübernahme einer Krankenkassen-Zusatzversicherung. Die Sozialhilfe hat krankheits- und behinderungsbedingte Kosten auch für jene Leistungen zu übernehmen, die zwar nicht im Rahmen der medizinischen Grundversorgung liegen, aber im konkreten Einzelfall sinnvoll und nutzbringend sind (E. 2.2). Die Behörden verletzten das rechtliche Gehör der um Kostenübernahme ersuchenden Beschwerdeführerin mehrfach, indem sie den erstinstanzlichen Entscheid nicht begründeten und ihr weder ein vorgängiges Äusserungs- noch ein Replikrecht einräumten (E. 4.5). Der Sachverhalt wurde von den Behörden in verschiedener Hinsicht nicht rechtsgenügend erstellt. Die eingereichten Arztzeugnisse hätten nicht ohne weitere Abklärungen als ungenügender Beleg dafür erachtet werden dürfen, dass die von der Beschwerdeführerin geforderten alternativen Behandlungsmethoden die einzig möglichen seien. Vielmehr hätten die Behörden den Sachverhalt diesbezüglich weiter untersuchen müssen, etwa indem sie der Beschwerdeführerin die Auflage erteilt hätten, den Bezirksarzt oder einen anderen vertrauenswürdigen Arzt aufzusuchen (E. 5.2). Aufgrund der mangelhaften behördlichen Sachverhaltsabklärungen besteht keine Klarheit darüber, ob die Leistungen der Krankenkassen-Zusatzversicherungen für die Beschwerdeführerin sinnvoll und/oder erforderlich sind oder nicht (E. 5.3).
VB.2007.00515: Kostenübernahme für Zusatzversicherung der Krankenkasse (Fr. 50.--) und medizinische Mehrauslagen von Fr. 100.--/Mt. Krankheits- und behinderungsbedingte Spezialauslagen sind gemäss Ziff. C.1.1 der SKOS-Richtlinien zu übernehmen. Dies sind Kosten für Leistungen, die nicht im Rahmen der medizinischen Grundversorgung liegen, im konkreten Einzelfall aber sinnvoll und nutzbringend sind (E. 2). Das Verwaltungsgericht hat nur zu entscheiden, ob die Leistungen, welche übernommen werden sollen, sinnvoll und nutzbringend sind. Da der Entscheid darüber jedoch weitgehend im Ermessen der Beschwerdegegnerin liegt, ist das Verwaltungsgericht auf eine Rechtskontrolle beschränkt (§ 50 Abs. 2 VRG). Trotz verschiedener nicht schulmedizinischer Behandlungen hat sich der Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin nicht grundlegend verbessert. Es ist deshalb nicht zu beanstanden, wenn die Beschwerdegegnerin medizinische Mehrauslagen sowie die Prämien für die Zusatzversicherung der Krankenkasse nicht mehr übernimmt (E. 3.4).
VB.2007.00112: Antrag auf Übernahme der Kosten für ein Fitnessabonnement als krankheitsbedingte Spezialauslagen: In den beigelegten ärztlichen Zeugnissen wurde der Beschwerdeführerin allgemein und undetailliert ein Fitness- oder Krafttraining empfohlen. Zumindest für ein Fitnesstraining würden sich kostenlose oder günstigere Alternativen wie beispielsweise den Besuch eines Vita-Parcours anbieten. Da die Beschwerdeführerin mittels der Arztzeugnisse nicht nachweisen konnte, dass der Besuch eines Sportcenters für die Erhaltung bzw. Verbesserung ihrer Gesundheit zwingend ist, durfte die Beschwerdegegnerin die Kostenübernahme für ein Fitness- bzw. Krafttrainingsabonnements verweigern.
VB.2004.00088: Sozialhilfeleistungen decken das soziale Existenzminimum ab, zu dem auch notwendige therapeutische Behandlungen gehören. Die Finanzierung bzw. Teilfinanzierung des Aufenthalts in einer spezialisierten Therapieeinrichtung kann eine situationsbedingte Leistung darstellen, auf die Anspruch besteht (vgl. SKOS-Richtlinien, Kapitel C.1.1). Die Sozialhilfebehörde hat den Sachverhalt abzuklären. Im Hinblick darauf hat sie nötigenfalls von Amtes wegen die Erhebungen durchzuführen, um die Sachdarstellung im Gesuch zu vervollständigen. Der Beizug von Fachleuten kann namentlich zur Klärung von medizinischen Fragen erforderlich sein (E. 2). Die Fürsorgebehörde ist berechtigt und auch verpflichtet, die Übernahme von Kosten ganz oder teilweise zu verweigern, sofern ein Heimaufenthalt nicht erforderlich ist oder sie eine vertretbare günstigere Alternative anzubieten vermag. Erweist sich ein Heimaufenthalt als erforderlich, muss die angebotene Alternative allerdings geeignet sein, das bestehende Problem angemessen anzugehen. Aus dem ärztlichen Bericht ergibt sich nicht z w i n g e n d, dass eine stationäre Behandlung der Suchterkrankung des Beschwerdeführers notwendig war. Die Gemeinde stützt sich für die Ablehnung der Kostengutsprache wesentlich auf einen Sozialpädagogen (nicht auf einen Arzt) bei der kommunalen Beratungsstelle für Drogenprobleme, was nicht zu beanstanden ist (E. 3.3). Zu berücksichtigen ist, dass der Beschwerdeführer die stationäre Therapie begonnen hat, obwohl ihm bewusst war, dass eine Kostengutsprache von der kommunalen Beratungsstelle nicht unterstützt werde, und ihm andere Hilfsangebote empfohlen wurden, die überhaupt erst eine bessere Abklärung des gesundheitlichen Zustands des Beschwerdeführers ermöglicht hätten (E. 3.4). Die Feststellungen des Sozialpädagogen sind lediglich pauschal und dadurch ungenügend dokumentiert. Dieser Mangel ist im Beschwerdeverfahren geheilt worden, indem jetzt feststeht, dass der Beschwerdeführer während zwei Jahren keine Drogen mehr konsumiert hat und eine stationäre Therapie sich nicht zwingend aufdrängte (E. 3.5).
VB.2002.00254: Es besteht nur ausnahmsweise Anspruch auf Übernahme der Kosten von Zusatzversicherungen und von Behandlungen, die nicht durch die Grundversicherung gedeckt sind. Das durch die Sozialhilfe garantierte soziale Existenzminimum umfasst vielmehr nur die notwendigen ärztlichen oder therapeutischen Behandlungen (§ 15 Abs. 2 SHG). Den Gemeinden steht deshalb ein erhebliches Ermessen zu, ob sie neben der obligatorischen Grundversicherung zusätzliche Versicherungen oder nicht durch die Grundversicherung gedeckte Behandlungen finanzieren wollen; auf beides besteht nur ausnahmsweise Anspruch. Unterstützte haben zudem rechtzeitig ein entsprechendes Gesuch zu stellen (E. 2a). Die fragliche Behandlung war nicht ärztlich angeordnet. Die Gemeinde durfte deshalb deren Notwendigkeit ohne Rechtsverletzung verneinen (E. 2c).
RRB 2643/94 (nicht publiziert): Psychotherapiekosten: Je nach medizinischer, sozialer oder psychologischer Begründung kann es angezeigt sein, die Kosten von Psychotherapien zu übernehmen. Auch nach den SKöF-Richtlinien werden die Kosten spezieller Therapien angerechnet, wenn besondere Gründe dafür sprechen. Dies kann allerdings von einer vertrauensärztlichen Untersuchung abhängig gemacht werden.
Praxishilfen