5.2.03. Informationen an Ausländerbehörden

Rechtsgrundlagen

Bundesgesetz über die Ausländerinnen und Ausländer und über die Integration vom 16. Dezember 2005 (AIG), SR 142.20

Verordnung über Zulassung, Aufenthalt und Erwerbstätigkeit vom 24. Oktober 2007 (VZAE), SR 142.201

Verordnung über das Zentrale Migrationsinformationssystem vom 12. April 2006 (ZEMIS-Verordnung)

Art. 6 Abs. 3 SHEG

 

Erläuterungen

1.   Meldung von Sozialhilfebezug

Für ausländische Staatsangehörige kann der Bezug von Sozialhilfeleistungen Auswirkungen auf ihre Anwesenheitsberechtigung haben. So können z.B. ausländerrechtliche Bewilligungen widerrufen werden, wenn die ausländische Person oder eine Person, für die sie zu sorgen hat, auf Sozialhilfe angewiesen ist. Für den Widerruf einer Niederlassungsbewilligung wird eine dauerhafte und in erheblichem Masse vorhandene Sozialhilfeabhängigkeit vorausgesetzt (Art. 62 lit. e AIGArt. 63 Abs. 1 lit. c AIG). Auch kann das Staatssekretariat für Migration von sich aus oder auf Antrag von kantonalen Behörden gegenüber einer ausländischen Person ein Einreiseverbot verfügen, wenn diese Sozialhilfekosten verursacht hat (Art. 67 AIG). Sodann kann eine Rückstufung der Niederlassungsbewilligung zu einer Aufenthaltsbewilligung erfolgen, wenn die Integrationskriterien nach Art. 58a AIG nicht erfüllt sind (Art. 63 Abs. 2 AIG).

Um ihre gesetzlichen Aufgaben richtig erfüllen zu können, sind die Ausländerbehörden auf Informationen seitens der Sozialhilfeorgane angewiesen. Gemäss Art. 97 Abs. 3 lit. dAIG in Verbindung mit Art. 82b VZAE haben die für die Ausrichtung von Sozialhilfeleistungen zuständigen Behörden der zuständigen kantonalen Ausländerbehörde den Bezug von Sozialhilfe durch Ausländerinnen und Ausländer zu melden.

Diese bundesrechtliche Meldepflicht wird auf kantonaler Ebene im Gegensatz z.B. zum Kanton Zürich nicht präzisiert.

2.   Meldung weiterer für die Anwesenheitsberechtigung wesentlicher Informationen

Die mit der Ausrichtung wirtschaftlicher Hilfe betrauten Stellen gelangen als Folge ihrer Pflicht zur Abklärung der Verhältnisse nicht selten auch in den Besitz weiterer Informationen, die für die Beurteilung einer Verlängerung oder eines Widerrufs einer ausländerrechtlichen Bewilligung entscheidend sein können. Dies betrifft Fälle, in denen von der ausländischen Person, ihrer Vertreterin oder ihrem Vertreter im Bewilligungsverfahren falsche Angaben gemacht oder wesentliche Tatsachen verschwiegen wurden. Gestützt auf Art. 62 lit. a AIG bzw. Art. 63 lit. a AIG kann die zuständige Ausländerbehörde bei Vorliegen solcher Verhaltensweisen eine Bewilligung widerrufen. Um diese von entsprechenden Tatbeständen in Kenntnis setzen zu können, werden die Sozialhilfeorgane mit Art. 6 Abs. 3 ermächtigt, der zuständigen Ausländerbehörde im Einzelfall auch Informationen, die auf ein unrechtmässiges Erwirken einer Anwesenheitsberechtigung hinweisen, unaufgefordert bekannt zu geben.

3.    Weitere Meldepflichten

3.1.   Meldepflicht Arbeitslosigkeit

Folgende Ereignisse müssen gemäss Art. 97 Abs. 3 lit. dbis AIG in Verbindung mit Art. 62c VZAE von den Durchführungsorganen der Arbeitslosenversicherung dem Migrationsamt gemeldet werden:

  • Anmeldung bei einem RAV im ersten Aufenthaltsjahr in der Schweiz

  • Verneinung des Anspruchs auf Arbeitslosenentschädigung

  • Fehlende Vermittlungsfähigkeit

  • Ende des Bezugs von Arbeitslosenentschädigung.

3.2.   Meldepflicht Bezug Ergänzungsleistungen

Gestützt auf Art. 97 Abs. 3 lit. dter AIG in Verbindung mit Art. 82d VZAE und Art. 26a ELG muss das Sozialversicherungsamt den Bezug der jährlichen Ergänzungsleistungen melden. Werden nur Krankheits- und Behinderungskosten nach Art. 3 Abs. 1 lit. b ELG vergütet, so sind den Migrationsbehörden Fälle grösserer Vergütungen zu melden. Seit dem 1. Januar 2019 sind von dieser Bestimmung alle ausländischen Staatsangehörigen erfasst.

Erhält das Migrationsamt in Anwendung von Art. 26a ELG Daten über den Bezug einer Ergänzungsleistung, so meldet es dem Sozialversicherungsamt unaufgefordert die mögliche Nichtverlängerung oder den möglichen Widerruf der Aufenthaltsbewilligung (Art. 97 Abs. 4 AIG).

3.3.   Meldung von Disziplinarmassnahmen von Schulbehörden

Gemäss Art. 97 Abs. 3 lit. dquater AIG in Verbindung mit Art. 82e VZAE müssen die Schulbehörden unaufgefordert definitive Schulausschlüsse von ausländischen Schülerinnen und Schüler melden.

3.4.   Meldung von Massnahmen der KESB

Die KESB melden der kantonalen Migrationsbehörde gemäss Art. 97 Abs. 3 lit. dquinquies AIG in Verbindung mit Art. 82f VZAE unaufgefordert Kindes- und Erwachsenenschutzmassnahmen, die Ausländerinnen und Ausländer betreffen. Dazu gehören insbesondere:

  1. Kindesschutzmassnahmen nach Art. 308 ZGB, soweit sie den persönlichen Verkehr betreffen;

  2. Kindesschutzmassnahmen nach den Art. 310-312 und 327a ZGB;

  3. Erwachsenenschutzmassnahmen nach den Art. 394 Abs. 2 und 398 ZGB.

Gerichtsbehörden sind zur Meldung von im Rahmen von familienrechtlichen Verfahren angeordneten Kindesschutzmassnahmen nach Art. 308 ZGB, soweit sie den persönlichen Verkehr betreffen, und solchen nach den Art. 310-312 und 327a ZGB verpflichtet.

3.5.   Andere Entscheide, die auf einen besonderen Integrationsbedarf hindeuten

Zu den in Art. 97 Abs. 3 lit. e AIG erfassten anderen Entscheiden, die auf einen besonderen Integrationsbedarf gemäss Art. 58a AIG hindeuten, bestehen keine Ausführungsbestimmungen in der VZAE. Die zu meldenden Sachverhalte müssen aber auf ein erhebliches Integrationsdefizit hinweisen. Im Schreiben des Migrationsamts des Kantons Zürich an die Gemeinden vom 6. November 2018 werden als Beispiele die Meldung von Personen genannt, welche mehrfach behördliche Aufgebote nicht beachtet haben, die Alimente nicht fristgerecht bezahlen, sodass sie bevorschusst werden müssen, oder gegen die Bussen nach den kommunalen Polizeiverordnungen ausgesprochen wurden.

4.   Meldung nach Art. 5 ZEMIS-Verordnung

Das Zentrale Migrationsinformationssystem (ZEMIS) dient der Bearbeitung der Personendaten aus dem Ausländer- und Asylbereich. Alle Ausländerinnen und Ausländer in der Schweiz (inkl. Asylsuchende und Flüchtlinge) werden im Migrationssystem ZEMIS mit einheitlichen Personenangaben geführt. Sämtliche Funktionen und Tätigkeiten von der Einreise über den Aufenthalt bis zum Verlassen der Schweiz werden über ZEMIS abgewickelt.

Art. 5 ZEMIS-Verordnung sieht verschiedene Meldepflichten vor, die namentlich auch von den Gemeinden zu erfüllen sind. Insbesondere bei Personen aus dem Asylbereich (Asylsuchende, Flüchtlinge mit Status B und F, vorläufig aufgenommene Personen) sind die geforderten Informationen auch deshalb wichtig, weil der Bund den Kantonen Globalpauschalen für diese Personengruppen entrichtet. Namentlich Adressänderungen, Geburten, Abgänge und Wiederauftauchen von Personen aus dem Asylbereich müssen unverzüglich dem Migrationsamt des Kantons Zürich gemeldet werden. Die Eltern müssen bei Geburten gegebenenfalls dabei unterstützt werden, die notwendigen Dokumente (Kopie der Geburtsanzeige des Spitals oder Geburtsmitteilung des Zivilstandesamtes) zu beschaffen. Handelt es sich bei den Eltern um Flüchtlinge, müssen sie beim Staatssekretariat für Migration (SEM) einen Antrag auf Einbezug des in der Schweiz neugeborenen Kindes in die Flüchtlingseigenschaften stellen. Erst mit der Registrierung des Kindes als Flüchtling wird es vom Bund für die Bemessung der Globalpauschale berücksichtigt.

Mutationen mit Bezug auf ganz oder teilweise sozialhilfeabhängige Asylsuchende und vorläufig Aufgenommene sind der Abteilung Asylkoordination des Kantonalen Sozialamtes mittels Mutationsformular zu melden. Dieses ist in Kopie auch dem Migrationsamt des Kantons Zürich zuzustellen. Das Mutationsformular dient u.a. der Anrechnung der betroffenen Personen an die Aufnahmequote der Gemeinde (vgl. § 8 AfV; Kapitel 2.3.05 Ziffer 3 und Kapitel 3.1.04).

Rechtsprechung

Praxishilfen