3.1.04. Unterstützungszuständigkeit für Personen des Asyl- und Flüchtlingsbereichs
Rechtsgrundlagen
Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG), SR 142.31
Asylverordnung 1 über Verfahrensfragen vom 11. August 1999 (Asylverordnung 1, AsylV 1), SR 142.311
Verordnung über Zulassung, Aufenthalt und Erwerbstätigkeit vom 24. Oktober 2007 (VZAE), SR 142.201
Erläuterungen
1. Allgemeines
Der Asylbereich ist weitgehend durch Bundesrecht geregelt. Auf Bundesebene obliegt der Vollzug dem Staatssekretariat für Migration (SEM). Auf kantonaler Stufe ist das Departement des Innern zuständig: Für den verfahrensmässigen Teil liegt die Zuständigkeit beim Migrationsamt und für den fürsorgerischen Bereich ist das Kantonale Sozialamt verantwortlich.
Das Asylgesetz regelt die Asylgewährung und die Rechtsstellung der Flüchtlinge sowie den vorübergehenden Schutz von Schutzbedürftigen in der Schweiz und deren Rückkehr. Flüchtlinge sind Personen, die in ihrem Heimatstaat oder im Land, in dem sie zuletzt wohnten, wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Anschauungen ernsthaften Nachteilen (insbesondere Gefährdung von Leib und Leben sowie der Freiheit) ausgesetzt sind oder begründete Furcht haben, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden.
Wer ein Asylgesuch in der Schweiz gestellt hat, darf sich normalerweise bis zum Abschluss des Verfahrens hier aufhalten. Während des Aufenthalts in den Zentren des Bundes (BAZ) dürfen Asylsuchende keine Erwerbstätigkeit ausüben. Nach der Zuteilung an die Kantone kann ihnen eine vorübergehende Erwerbstätigkeit bewilligt werden, wenn es die Wirtschafts- und Arbeitsmarktlage erlauben, sowie die Lohn- und Arbeitsbedingungen und der Vorrang eingehalten werden. Die Kantone dürfen die Bewilligung zur Erwerbstätigkeit im Interesse eines ausgeglichenen Arbeitsmarktes auf einzelne Branchen beschränken (vgl. dazu SEM, Erwerbstätige im Asylbereich).
Personen, denen Asyl gewährt wurde, haben Anspruch auf eine Aufenthaltsbewilligung im Kanton, in dem sie sich ordnungsgemäss aufhalten. Flüchtlingen mit Aufenthaltsbewilligung B kann unter den gleichen Voraussetzungen wie anderen Ausländerinnen und Ausländern eine Niederlassungsbewilligung erteilt werden (Art. 60 Abs. 2 AsylG in Verbindung mit Art. 34 AIG).
Weiter erhalten Personen, welche zwar über Flüchtlingseigenschaften verfügen, jedoch nach Schweizer Recht kein Asyl erhalten (vgl. Art. 52 f. AsylG), eine vorläufige Aufnahme (Art. 83 Abs. 8 AIG). Es wird bei dieser Personengruppe von vorläufig aufgenommenen Flüchtlingen gesprochen (vgl unten Ziff. 3).
Wird über ein Asylgesuch negativ entschieden, so erfolgt in der Regel die Wegweisung. Sofern deren Vollzug nicht zulässig, nicht zumutbar oder nicht möglich ist, kann es zu einer vorläufigen Aufnahme kommen (Art. 83 Abs. 1 - 4 AIG; vgl. unten Ziff. 4). Über die vorläufige Aufnahme entscheidet das SEM.
Bei (vorübergehend) Schutzbedürftigen liegt eine schwere allgemeine Gefährdung vor, vor allem aufgrund von Kriegen oder Bürgerkriegen. Wem in der Schweiz ein solcher Schutz gewährt wird, entscheidet ebenfalls das SEM. Schutzbedürftige erhalten den Auswei S, welcher zum vorübergehenden Aufenthalt in der Schweiz berechtigt. Ist der vorübergehende Schutz nach fünf Jahren noch nicht aufgehoben, so besteht Anspruch auf eine Aufenthaltsbewilligung. Die Aufhebung des vorübergehenden Schutzes erfolgt durch den Bundesrat. Bislang wurde in der Schweiz noch nie ein Ausweis S ausgestellt, weshalb auf weitere Ausführungen zu diesem Status verzichtet wird.
2. Zuweisung und Unterbringung von Asylsuchenden
2.1. Empfang und Zuweisung der Asylsuchenden an die Kantone
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Empfang der Asylsuchenden
Alle Asylsuchenden werden nach Einreichung ihres Gesuchs einem Bundesasylzentrum mit Verfahrensfunktion zugewiesen (BAZ). Als erstes wird die Identität der Asylsuchenden und die Zuständigkeit der Schweiz für die Durchführung des Asylverfahrens abgeklärt. Innerhalb von drei Wochen werden in der sogenannten Vorbereitungsphase die Personalien der Asylsuchenden erfasst, Fingerabdrücke genommen und mit der europäischen Datenbank Eurodac abgeglichen, eine Befragung zum Reiseweg durchgeführt, der Gesundheitszustand abgeklärt und bei Bedarf Altersbestimmungen und DNA-Analysen veranlasst. (vgl. dazu https://www.sem.admin.ch/sem/de/home/asyl/asylverfahren/empfang.html).
Alle Asylsuchenden erhalten zu Beginn des Asylverfahrens eine kostenlose Beratung, welche sie über ihre Rechte und Pflichten informiert. Zusätzlich wird den Asylsuchenden eine kostenlose Rechtsvertretung zur Verfügung gestellt, welche sie über ihre Chance im Asylverfahren aufklärt. Die Rechtsvertretung begleitet sie in allen verfahrensrelevanten Schritten, nimmt an den Anhörungen teil, nimmt Stellung zum Entwurf eines ablehnenden Asylentscheids und verfasst gegebenenfalls eine Beschwerdeschrift.
Der Kanton Schaffhausen ist als eigenständige Asylregion ein Standortkanton von Bundesasylzentren. Mehr Informationen finden sich unter https://www.sem.admin.ch/dam/data/sem/asyl/beschleunigung/infoveranstaltungen/kantone/15-zh-d.pdf.
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Zuweisung der Asylsuchenden an die Kantone
Die Asylsuchenden werden den Kantonen vom SEM zugewiesen. Basierend auf dem bevölkerungsproportionalen Verteilschlüssel nach Art. 21 Asylverordnung 1 und den aktuellen besonderen Leistungen wird jeweils die jährliche Zuweisungsquote berechnet. Dabei werden folgende Arten der Kompensation berücksichtigt:
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Kompensationen für Standortkantone von Bundesasylzentren (BAZ)
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Kompensationen für zugeteilte Personen zum Vollzug der Wegweisungen
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Kompensationen für den Vollzug von Wegweisungen via Flughafen
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Die Zuweisungskantone sind für die Gewährleistung von Sozialhilfe bzw. Asylfürsorge zuständig (Art. 80a AsylG).
2.2. Das Zweiphasensystem im Kanton Schaffhausen
Im Kanton Schaffhausen gilt für die Aufgaben im Asylbereich das so genannte Zweiphasensystem. In einer ersten Phase wohnen die Betroffenen für einige Monate in einem kantonalen Durchgangszentrum, wo auch erste Integrationsmassnahmen durchgeführt werden. Nachher ziehen die Personen in kantonseigene Wohnung (Krebsbach) um. Eine Zuweisung an die Gemeinden erfolgt erst nach sieben Jahren.:
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Phase 1: Zuständigkeit des Kantons
Die dem Kanton zugewiesenen Personen werden durch die Abteilung Asylkoordination des Kantonalen Sozialamtes gestützt auf § 40 Abs. 1 SHEV normalerweise in einer ersten Phase in kantonalen Durchgangszentren untergebracht. Dort verbleiben sie in der Regel für vier bis sechs Monate und erhalten neben Logis auch die erforderliche materielle Unterstützung sowie persönliche Betreuung.
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Phase 2: Zuständigkeit der Gemeinden
In einer zweiten Phase werden die Asylsuchenden in Anwendung von § 38 SHEV auf die einzelnen Gemeinden verteilt. Gleiches gilt für vorläufig aufgenommene Ausländerinnen und Ausländer (vgl. unten Ziffer 4). Mit der Zuweisung geht die Zuständigkeit für die Erbingung der Asylfürsorgeleistungen (mit Ausnahme der Gesundheitsversorgung für Personen im laufenden Asylverfahren, vgl. nachfolgend Ziff. 2.3) auf die Zuweisungsgemeinde über. Asylsuchende haben keine freie Wohnsitzwahl. Ein Umzug in eine andere Gemeinde setzt daher grundsätzlich voraus, dass die vorgesehene neue Wohngemeinde mit der Wohnsitzverlegung einverstanden ist und diese interkommunale Umplatzierung vom Kantonalen Sozialamt gebilligt wird. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, wird die neue Wohngemeinde zur Zuweisungsgemeinde.
Gemeinden, welche die vom kantonalen Sozialamt festgelegte Zahl von Personen aus dem Asylwesen nicht aufnehmen oder nicht aufnehmen können, sind grundsätzlich zu Ersatzabgab4en verpflichtet.
2.3. Weitere kantonale Zuständigkeiten
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Der Kanton sorgt für die Kranken- und Unfallversicherung der ganz oder teilweise sozialhilfeabhängigen Asylsuchenden.
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Unbegleitete minderjährige Asylsuchende werden vom kantonalen Sozialamtumfassend betreut. Gleiches gilt für unbegleitete Minderjährige, welche als Flüchtlinge anerkannt worden sind (unten Ziff. 3) und für unbegleitete Minderjährige ohne geregelten Aufenthalt.
3. Flüchtlinge mit Asyl und vorläufig aufgenommene Flüchtlinge
3.1. Grundsätze
Flüchtlinge mit Asylgewährung und vorläufig aufgenommenen Flüchtlinge werden unter dem Begriff "anerkannte Flüchtlinge" erfasst.
Die Rechtsstellung der Flüchtlinge mit Asyl in der Schweiz richtet sich grundsätzlich nach dem für Ausländerinnen und Ausländer geltenden Recht, soweit nicht besondere Bestimmungen des Asylgesetzes und der Flüchtlingskonvention vom 28. Juli 1951 anwendbar sind: Sie haben Anspruch auf eine Aufenthaltsbewilligung in dem Kanton, in welchem sie sich rechtmässig aufhalten, und sie werden nach den gleichen Regeln wie übrige Inländer sozialhilferechtlich unterstützt (Art. 58 AsylG, Art. 59 AsylG, Art. 60 AsylG), wobei ihrer besonderen Lage bei der Unterstützung Rechnung zu tragen ist (Art. 82 Abs. 5 AsylG).
In Bezug auf die Sozialhilfestandards gelten für vorläufig aufgenommene Flüchtlinge die gleichen Regeln wie für Flüchtlinge mit Asyl. Sie haben daher ebenfalls Anspruch auf ordentliche Sozialhilfe. Es gilt die gleiche Zuständigkeitsordnung wie bei anderen Ausländerinnen und Ausländern mit Aufenthaltsberechtigung (vgl. Kapitel 3.1.03).
3.2. Anerkannte Flüchtlinge ohne Unterstützungswohnsitz
Mit der am 1. März 2019 in Kraft getretenen Beschleunigung der Asylverfahren werden auch anerkannte Flüchtlinge in den kantonalen Durchgangszentren (vgl. oben Ziffer 2.2 lit. b) untergebracht. Sie werden vom Kantonalen Sozialamt mit persönlicher und wirtschaftlicher Hilfe unterstützt. Da anerkannte Flüchtlinge innerhalb des Kantons Schaffhausen über die Niederlassungsfreiheit verfügen, müssen sie selbständig eine Wohnung suchen und verbleiben entsprechend deutlich länger in den kantonalen Strukturen als Asylsuchende und vorläufig Aufgenommene.
Weiterhin werden anerkannte Flüchtlinge, welche bereits vor der Zuweisung in den Kanton Schaffhausen die Flüchtlingsanerkennung erhalten haben, auch in Einrichtungen des Krebsbachs untergeracht. Beim Flüchtlingswohnen handelt es sich um begleitete (Kollektiv-) Unterkünfte, welche nicht unterstützungswohnsitzbegründend sind.
Zu den im Rahmen der Sozialhilfe zu gewährenden Aufgaben des die Unterstützung leistenden Sozialhilfeorgans (Kanton oder Gemeinde) gehört es auch, die Flüchtlinge bei der Wohnungssuche mit geeigneten Mitteln zu unterstützen. Die Flüchtlinge verfügen wie erwähnt im Bewilligungskanton über die Niederlassungsfreiheit und können auf dem ganzen Kantonsgebiet eine Wohnung suchen. Es liegt in solchen Fällen keine Abschiebung vor, wenn mit Unterstützung dieses Sozialhilfeorgans eine Wohnung ausserhalb der aktuellen Aufenthaltsgemeinde gefunden wird (vgl. dazu auch Kapitel 3.3.02, Ziff.2).
3.3. Resettlement-Projekt II (2017 -2019) des Bundes
vgl. dazu auch https://www.sem.admin.ch/sem/de/home/asyl/resettlement.html
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Ausgangslage
Der Bundesrat beschloss am 9. Dezember 2016 auf Antrag des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartementes (EJPD) und des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten (EDA) basierend auf Art. 56 AsylG, innerhalb von zwei Jahren 2000 Resettlement-Flüchtlinge (nachfolgend Resettlement-Flüchtlinge) aufzunehmen.
Resettlement ist vorgesehen für besonders verletzliche, vom UNHCR anerkannte Flücht-linge, die weder in ihren Heimatstaat zurückkehren, noch im Erstaufnahmeland bleiben können. Nach Ankunft in der Schweiz erhalten die Resettlement-Flüchtlinge Asyl und die mit einer Aufenthaltsbewilligung verbundenen Rechte und Pflichten.
Die 2000 Resettlement-Flüchtlinge wurden grundsätzlich nach dem für Asylsuchende geltenden Verteilschlüssel auf die Kantone verteilt (vgl. Art. 27 AsylG i.V.m. Art. 21 AsylV 1). Bei der Verteilung auf die Kantone achtete der Bund - neben der Einheit der Kernfamilie - auch auf eine gleichmässige Zuteilung von besonders betreuungsintensiven Fällen.
Die Resettlement-II-Flüchtlinge wurden nach Ankunft im Kanton Schaffhausen und bis sie eine eigene Wohnung gefunden haben, im Krebsbach untergebracht, mit persönlicher und wirtschaftlicher Hilfe unterstützt und bei der Integration begleitet.
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Besondere Integrationsförderung
Das Umsetzungskonzept des EJPD sieht vor, dass die Resettlement-Flüchtlinge im Bereich der Integration eng begleitet werden. Hauptziel ist die Verbesserung der beruflichen Integration der Flüchtlinge. Im Fokus stehen die besonderen Bedürfnisse dieser besonders verletzlichen Personen.
Das Resettlement-Projekt II endet im April 2021, also zwei Jahre nach Einreise der letzten Flüchtlingsgruppe. Damit endet auch die oben beschriebene Integrationsbegleitung.
3.4 Resettlement aktuell
Der Bundesrat beschloss an seiner Sitzung vom 30. November 2018, sich weiter am Resettlement-Programm des UNO-Hochkommissariats für Flüchtlinge (UNHCR) zu beteiligen(vgl. Medienmitteilung des Bundesrats vom 30. November 2018). Am 29. Mai 2019 verabschiedete der Bundesrat die Umsetzung des Konzepts für die Aufnahme von anerkannten Flüchtlingsgruppen. Das Umsetzungskonzept Resettlement sieht eine Verstetigung der Schweizer Resettlement-Politik vor. Dies mit dem Ziel einer besseren Planbarkeit der Unterbringung und längerfristigen Betreuung der Flüchtlinge durch die Kantone und Gemeinden. Geplant ist, dass der Bundesrat alle zwei Jahre über das genaue Aufnahmekontingent innerhalb der Bandbreite von 1500 bis 2000 Personen entscheidet.
Diese Strategie kommt mit Resettlement 2020/2021 erstmals zur Anwendung. Der Bundesrat beschloss für diese Phase die Aufnahme von 1600 besonders schutzbedürftigen Flüchtlingen (vgl. Medienmitteilung des Bundesrats vom 29. Mai 2019). Mindestens 80 Prozent des Kontingents sind für Personengruppen aus den Krisenregionen des Nahen Ostens und entlang der Migrationsroute über das zentrale Mittelmeer vorgesehen, die restlichen 20 Prozent für kurzfristige humanitäre Notsituationen. Die Schweiz übernahm in der Periode Mai 2019 bis April 2020 zusätzlich eine Gruppe von 800 besonders schutzbedürftigen Flüchtlingen, namentlich Opfer des Syrienkonflikts.
4. Vorläufig aufgenommene Ausländerinnen und Ausländer
4.1. Gewährung der vorläufigen Aufnahme
Erweist sich aufgrund der Anhörung zu den Asylgründen, dass der asylsuchenden Person zwar kein Asyl gewährt werden kann und sie über keine Flüchtlingseigenschaften verfügt, der Vollzug, d.h. die Ausreise, aber nicht möglich, nicht zulässig oder nicht zumutbar ist, wird ein Asyl- und Wegweisungsentscheid getroffen. Anstelle einer Ausreisefrist wird vom SEM eine individuelle vorläufige Aufnahme angeordnet.
Ausnahmsweise erhalten auch Personen, die nie in einem Asylverfahren waren, eine vorläufige Aufnahme. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung nicht oder nicht mehr gegeben sind, die Ausreise aber nicht möglich, nicht zulässig oder nicht zumutbar ist. Der Entscheid über die Anordnung einer individuellen vorläufigen Aufnahme liegt auch in diesen Fällen in der Kompetenz des SEM.
4.2. Unterstützungszuständigkeit
Wie Asylsuchende im laufenden Verfahren werden vorläufig Aufgenommene erst nach sieben Jahren den Gemeinden zugewiesen (§ 7 Abs. 1 AfV). Mit der Zuweisung wird die Zuweisungsgemeinde für die Ausrichtung der Asylfürsorgeleistungen zuständig (vgl. oben Ziffer 2.2 lit. c).
Ganz oder teilweise auf wirtschaftliche Unterstützung angewiesene vorläufig Aufgenommene haben keine freie Wohnsitzwahl (Art. 85 Abs. 5 AIG). Es gelten hier die gleichen Regeln wie bei Asylsuchenden im laufenden Verfahren (vgl. vorstehend Ziff. 2.2 lit. c).
Demgegenüber haben vorläufig Aufgenommene, die keine Asylfürsorgeleistungen beziehen, die Möglichkeit, ihren Wohnort innerhalb des Kantons Schaffhausen ohne Einwilligung zu wechseln. Dies unter der Voraussetzung, dass sie ihren Lebensunterhalt auch am neuen Wohnort selbständig finanzieren können. Werden sie dann zu einem späteren Zeitpunkt wieder unterstützungsbedürftig (z.B. wegen eines Verlusts der Arbeitsstelle), dann gilt diejenige Gemeinde als Zuweisungsgemeinde, in welcher sie im Zeitpunkt des Gesuchs um Ausrichtung von Asylfürsorgeleistungen wohnen.
Für vorläufig Aufgenommene, welche unter dem bis zum 28. Februar 2018 geltenden Recht ihren Wohnsitz trotz Sozialhilfeabhängigkeit wechseln konnten, gilt ebenfalls die neue Wohngemeinde als Zuweisungsgemeinde und damit als die für die Ausrichtung der Asylfürsorge zuständige Gemeinde (Art. 8 Abs. 1 SHEG).
4.3. Unterstützungsgrundsätze
Vorläufig Aufgenommene unterstehen der Asylfürsorge. Sie sind grundsätzlich nach den gleichen Regeln zu unterstützen wie Asylsuchende im laufenden Verfahren. Dabei gilt folgende Abweichung:
Gesundheitsversorgung
Nach der Zuweisung in die zweite Phase sorgen die Gemeinden für die Gesundheitsversorgung der ganz oder teilweise fürsorgeabhängigen vorläufig Aufgenommenen, d.h. sie sind für den Abschluss einer Kranken- und Unfallversicherung besorgt und übernehmen Selbstbehalte, Franchisen, Zahnbehandlungskosten etc. Ausserdem sind sie bei ihrer Integration zu unterstützen (vgl. unten Ziffer 5).
5. Integrationsförderung für anerkannte Flüchtlinge und vorläufig Aufgenommene
5.1. Integrationsauftrag
Sowohl für anerkannte Flüchtlinge als auch für vorläufig Aufgenommene besteht ein Integrationsauftrag. Sie können verpflichtet werden, an Integrationsmassnahmen teilzunehmen (Art. 10 VIntA). Die kantonalen Behörden können gestützt auf Art. 83 Abs. 10 AIG in Verbindung mit Art. 10 VIntA mit Personen mit vorläufiger Aufnahme (also auch mit vorläufig aufgenommenen Flüchtlingen) Integrationsvereinbarungen abschliessen, wenn ein besonderer Integrationsbedarf nach den Kriterien von Art. 58a AIG besteht. Im Gegensatz zu Asylsuchenden im laufenden Verfahren ist bei vorläufig Aufgenommenen daher genauso wie bei anerkannten Flüchtlingen auf eine soziale und berufliche Integration hinzuwirken. Dafür steht dem Kanton das System zur Verwendung der Integrationspauschalen zur Verfügung.
5.2. Leistungen der Arbeitsmarktbehörden bei der Integration von anerkannten Flüchtlingen und vorläufig Aufgenommenen
Arbeitsmarktliche Massnahmen stehen auch anerkannten Flüchtlingen und vorläufig Aufgenommenen zur Verfügung.
Für eine erstmalige Arbeitsmarktintegration durch die öffentliche Arbeitsvermittlung (RAV) ist die Arbeitsmarktfähigkeit der Betroffenen eine Voraussetzung (siehe auch unten Ziff. 5.4). Die RAV bieten einerseits Leistungen im Bereich Beratung und Vermittlung an, andererseits können auch anerkannte Flüchtlinge und vorläufig Aufgenommene von den RAV den so genannten EG-AVIG-Programmen zugewiesen werden. Dabei handelt es sich um subventionierte Weiterbildungs- oder Beschäftigungsmassnahmen für Personen, die keinen Anspruch auf ALV-Taggelder haben und die persönlichen Teilnahmevoraussetzungen erfüllen.
Weitere Informationen finden sich unter https://www.zh.ch/de/wirtschaft-arbeit/stellensuche-arbeitslosigkeit/beratung-vermittlung/zusammenarbeit-mit-gemeinden.html
5.3. Meldepflichten der Sozialhilfeorgane für arbeitsmarktfähige Flüchtlinge und vorläufig Aufgenommene
Gemäss Art. 53 Abs. 5 AIG in Verbindung mit Art. 9 VIntA müssen stellensuchende, arbeitsmarktfähige anerkannte Flüchtlinge und vorläufig Aufgenommene von den Sozialhilfeorganen den RAV gemeldet werden. Im Kanton Zürich wurde das entsprechende Meldeverfahren von einer Arbeitsgruppe, in welcher - neben dem Amt für Wirtschaft und Arbeit sowie dem Kantonalen Sozialamt - die kantonale Sozialkonferenz mitgearbeitet hat, konkretisiert. Unter anderem wurde ein Formular entwickelt, das die Sozialhilfeorgane bei der Abklärung der Arbeitsmarktfähigkeit der betroffenen Personen unterstützt. Das Meldeformular zur Beurteilung der Arbeitsmarktfähigkeit sowie weitere sachdienliche Informationen finden sich unter https://www.zh.ch/de/wirtschaft-arbeit/stellensuche-arbeitslosigkeit/beratung-vermittlung/zusammenarbeit-mit-gemeinden.html#824962679.
5.4. Arbeitsaufnahme ohne Arbeitsbewilligung
Seit dem 1. Januar 2019 benötigen anerkannte Flüchtlinge und vorläufig Aufgenommene keine Arbeitsbewilligung mehr. Gemäss Art. 61 AsylG und Art. 85a AIG ist eine vorgängige Meldung für die Ausübung der Erwerbstätigkeit ausreichend. Anerkannte Flüchtlinge und vorläufig Aufgenommene können in der ganzen Schweiz einer Erwerbstätigkeit nachgehen, soweit die orts-, berufs- und branchenüblichen Lohn- und Arbeitsbedingungen eingehalten werden (vgl. dazu Art. 22 AIG und Art. 22 VZAE). Die Meldung des Arbeitgebers gilt als Erklärung, dass diese Voraussetzungen gegeben sind. Mit dem Abbau administrativer Hürden wird die Arbeitsmarktintegration dieser Personengruppe erleichtert. Gleichzeitig soll die Sozialhilfeabhängigkeit reduziert und das inländische Arbeitskräftepotenzial genutzt werden. Die Meldepflicht dient dem Schutz der Arbeitnehmenden sowie der Erfüllung statistischer Vorgaben betreffend Monitoring und Bemessung von Subventionen des Bundes.
6. Familiennachzug
6.1. Flüchtlinge mit Asyl (Status B und C)
Flüchtlinge mit Asyl dürfen ihre Familienangehörigen sofort in die Schweiz nachkommen lassen. Die Familienangehörigen werden ebenfalls als Flüchtlinge anerkannt und erhalten Asyl. Als Familienangehörige gelten die Ehepartnerin bzw. der Ehepartner, eingetragene Partnerinnen und Partner und Kinder unter 18 Jahren. Auch andere Angehörige wie z.B. Eltern oder Geschwister können in das Familienasyl eingeschlossen werden. Dies beispielsweise dann, wenn Flüchtlinge aus gesundheitlichen Gründen auf Hilfe einer bereits in der Schweiz anwesenden Person angewiesen sind. Wenn sich die Familienangehörgigen noch im Ausland befinden, muss beim SEM ein Gesuch um Bewilligung der Einreise gestellt werden. Kinder anerkannter Flüchtlinge, die in der Schweiz geboren werden, erhalten nicht automatisch die Flüchtlingseigenschaft. Die Eltern müssen für sie unter Beilage des Geburtsscheins ein Gesuch um Einbezug in die Flüchtlingseigeneschaften beim SEM einreichen (zur Meldepflicht der Gemeinden vgl. Kapitel 5.2.03, Ziff. 3).
Gemäss Art. 53 lit. d AsylV 2 kann der Bund für Personen, denen die Einreise in die Schweiz im Rahmen der Familienzusammenführung mit anerkannten Flüchtlingen bewilligt wird, die notwendigen Kosten für die direkte Einreise in die Schweiz übernehmen. Die Reisekosten für den Familiennachzug sind also nicht aus Mitteln der Sozialhilfe zu finanzieren. Jedoch ist die für die bereits anwesende Person sozialhilferechtlich zuständige Gemeinde ab Einreise in den Kanton Schaffhausen auch für die Unterstützung der Familienangehörigen zuständig. In der Schweiz durchgeführte Gentests für im Ausland lebende Kinder von Flüchtlingen mit Asyl können bei Bedürftigkeit als situationsbedingte Leistungen übernommen werden.
6.2. Vorläufig aufgenommene Ausländerinnen und Ausländer sowie vorläufig aufgenommene Flüchtlinge (Status F)
Vorläufig aufgenommene Ausländerinnen und Ausländer sowie vorläufig aufgenommene Flüchtlinge dürfen Familienangehörige (vgl. oben Ziff. 5.1) frühestens drei Jahre nach der vorläufigen Aufnahme nachziehen. Voraussetzung ist, dass die Familienmitglieder zusammenwohnen, dass sie eine bedarfsgerechte Wohnung haben und dass die Familie nicht auf Sozialhilfe angewiesen ist. Der Familiennachzug muss innerhalb von fünf Jahren geltend gemacht werden. Bei Kindern, die älter als zwölf Jahre alt sind, muss das Gesuch für den Nachzug innerhalb von zwölf Monaten eingereicht werden (Art. 74 Abs. 3 VZAE). Später wird der Familiennachzug nur bewilligt, wenn wichtige Gründe vorliegen. Ziel dieser Regelung ist, dass sich die Kinder möglichst jung in der Schweiz integrieren können.
Gesuche um Einbezug in die vorläufige Aufnahme müssen beim Migrationsamt eingereicht werden. Dieses leitet das Gesuch mit seiner Stellungnahme an das SEM weiter.
Vgl. dazu auch Staatssekretariat für Migration, Handbuch Asyl und Rückkehr, Artikel F7, Familiennachzug von vorläufig aufgenommenen Personen und vorläufig aufgenommenen Flüchtlingen (Familienvereinigung).
Rechtsprechung
2A.55/2000 Urteil vom 27. Oktober 2000: Anwendbarkeit des ZUG im Fall eines vorläufig aufgenommenen Flüchtlings.
Praxishilfen
SKOS-Merkblatt betreffend Unterstützung von Personen des Asyl- und Flüchtlingsbereichs, Bern 2019