5.2.01. Amtsgeheimnis und Schweigepflicht

Rechtsgrundlagen

Gesetz über die öffentliche Sozialhilfe und soziale Einrichtungen (SHEG) vom 28. Oktober 2013 (SHR 850.100)

Gesetz über den Schutz von Personendaten (Kantonales Datenschutzgesetz) vom 7. März 1994 (SHR 174.100)

Verordnung über den Schutz von Personendaten (Kantonale Datenschutzverordnung) vom 28. Februar 1995 (SHR 174.101)

Art. 320 StGB

Erläuterungen

1.   Adressaten des Amtsgeheimnisses

Mitglieder der Gemeindeparlamente, Behörden sowie kommunale und kantonale Beamte und Angestellte sind in Amts- und Dienstsachen zur Verschwiegenheit verpflichtet, soweit an der Geheimhaltung ein überwiegendes öffentliches oder privates Interesse gemäss besteht oder wenn eine besondere Vorschrift dies vorsieht. Dritte, welche für die Gemeinde öffentliche Aufgaben erfüllen, unterliegen der gleichen Schweigepflicht

Für den Bereich der öffentlichen Sozialhilfe hält Art. 6 Abs. 1 SHEG ergänzend dazu fest, wer mit dem Vollzug dieses Gesetzes betraut oder dazu beigezogen wird, über die zu seiner Kenntnis gelangten Verhältnisse der um Hilfe nachsuchenden Person und über die Verhandlungen in den Behörden Stillschweigen zu bewahren und unbefugten Drittenden Einblick in amtliche Akten zu verweigern hat.

Demnach gilt das Amtsgeheimnis für die Mitglieder von Sozialbehörden und für alle mit der Durchführung der öffentlichen Sozialhilfe betrauten Organe und Personen (Sozialhilfeorgane).

2.   Inhalt des Amtsgeheimnisses

Ein Amtsgeheimnis liegt dann vor, wenn eine gesetzliche Geheimhaltungspflicht besteht und es sich um Tatsachen handelt, die weder öffentlich bekannt noch allgemein zugänglich sind und welche weder im öffentlichen noch im privaten Interesse mitgeteilt werden dürfen. Die Schweigepflicht gilt nicht nur gegenüber Privaten und der Presse, sondern auch im Verhältnis zu (anderen) Behörden und Beamten, die mit der betreffenden Angelegenheit nichts zu tun haben und denen auch keine Aufsichtsfunktion zukommt. Dies deshalb, weil die betroffene Person ein Recht darauf hat, dass ihre persönlichen Verhältnisse anderen Dienststellen nur soweit als nötig zur Kenntnis gebracht werden. Vorbehalten bleiben gesetzliche Auskunfts- bzw. Amtshilfepflichten.

Im Bereich der öffentlichen Sozialhilfe geht es immer um besondere Personendaten (, d.h. um Daten, bei denen wegen ihrer Bedeutung, der Art ihrer Bearbeitung oder der Möglichkeit ihrer Verknüpfung mit anderen Informationen die besondere Gefahr einer Persönlichkeitsverletzung besteht, und die daher besonders schützenswert sind. Namen von Sozialhilfebeziehenden und deren persönlichen, familiären und wirtschaftlichen Daten unterstehen daher vollumfänglich dem Amtsgeheimnis. Eine strenge Geheimhaltungspflicht liegt im schützenswerten Interesse der Klientinnen und Klienten und bildet das Gegenstück zu ihrer umfangreichen Auskunftspflicht.

Zur Geheimhaltungspflicht gehört auch, dass die Akten der Sozialhilfeorgane sicher aufbewahrt werden und nur für Berechtigte zugänglich sind. Ist dies nicht der Fall, wird dadurch eine Verletzung des Amtsgeheimnisses in Kauf genommen.

3.   Verletzung des Amtsgeheimnisses

Eine Verletzung des Amtsgeheimnisses bzw. der Schweigepflicht kann nicht nur disziplinarische und unter Umständen zivilrechtliche Folgen haben, sondern sie stellt vor allem auch einen Straftatbestand dar. Nach Art. 320 Ziff. 1 Abs. 1 StGB wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft, wer ein Geheimnis offenbart, das ihm in seiner Eigenschaft als Mitglied einer Behörde oder als Beamter (worunter auch Angestellte der öffentlichen Verwaltung fallen; vgl. Art. 110 Ziffer 3 StGB) anvertraut worden ist oder das er in seiner amtlichen oder dienstlichen Stellung wahrgenommen hat. Auch nach Beendigung des Amts- oder Dienstverhältnisses ist eine Amtsgeheimnisverletzung strafbar (Art. 320 Ziffer 1 Abs. 2 StGB).

Nicht strafbar macht sich nach Art. 320 Ziff. 2 StGB, wer das Geheimnis mit schriftlicher Bewilligung seiner vorgesetzten Behörde offenbart hat (vgl. zur Entbindung vom Amtsgeheimnis Kapitel 5.2.02 Ziff. 4). Ebenso liegt keine strafbare Handlung vor, wenn im Rahmen einer gesetzlichen Pflicht gehandelt worden ist (vgl. Art. 14 StGB). Dies ist etwa dann der Fall, wenn ein Gesetz eine Meldepflicht oder eine Melderecht vorsieht oder wenn eine Auskunft im Rahmen der Amtshilfe erteilt wird (z.B. Art. 7 SHEG).

 

Beispiele:

  • Art. 97 Abs. 3 lit. dAIG (Bundesgesetz über die Ausländerinnen und Ausländer und über die Integration vom 16. Dezember 2005, SR 142.20) in Verbindung mit Art. 82b VZAE (Verordnung über Zulassung, Aufenthalt und Erwerbstätigkeit vom 24. Oktober 2007, SR 142.201); § 47a SHG: Meldung des Sozialhilfebezuges von Ausländern an die zuständige Ausländerbehörde.

  • Datenaustausch bei der Interinstitutionellen Zusammenarbeit: Die Schweigepflicht entfällt bei dem für die Aufgabenerledigung erforderlichen Datenaustausch mit den Sozialhilfebehörden der Gemeinden, der Kantone und des Bundes (Art. 6 Abs. 2 SHEG). Die Sozialhilfebehörden sind ermächtigt, mit im Einzelfall beteiligten kantonalen und kommunalen Verwaltungsbehörden persönliche, berufliche und finanzielle Angaben der zu unterstützenden Person oder deren Angehörigen auszutauschen, sofern dies für die

Wahrung der Interessen der zu unterstützenden Person oder der Aufgabenerledigung erforderlich ist und die Angaben bei der zu unterstützende Person nicht beschafft werden können (Art. 6 Abs. 3 SHEG):

Schliesslich macht sich auch nicht strafbar, wer die Schweigepflicht mit ausdrücklicher Einwilligung der betroffenen Person bricht.

Näheres zur Bekanntgabe von Informationen aus dem Bereich der öffentlichen Sozialhilfe findet sich im Kapitel 5.2.02.

 

Rechtsprechung

VB.2007.00247: Ermächtigung des Bezirksrats an die Sozialhilfebehörde, das Sekretariat insoweit vom Amtsgeheimnis zu entbinden, als dieses dem Strassenverkehrsamt gegenüber von der allenfalls gesundheitlich bedingten eingeschränkten Fahrfähigkeit der Beschwerdeführerin Mitteilung machen darf: Rechtsgrundlagen zum Amtsgeheimnis (E. 3.2). Eine Mitteilung ist unverhältnismässig, weil die gesundheitlichen Beeinträchtigungen nicht von vornherein auf eine Fahrunfähigkeit schliessen lassen und die Beschwerdeführerin überdies momentan kein Auto zu lenken beabsichtigt (E. 3.3).


Praxishilfen

Weitere Informationen zum Thema Amtsgeheimnis finden sich auf der Homepage der Datenschutzbeauftragten des Kantons Zürich (www.datenschutz.zh.ch)