18.1.01. Grundlagen

Rechtsgrundlagen

Bundesgesetz über die Zuständigkeit für die Unterstützung Bedürftiger vom 24. Juni 1977 (ZUG), SR 851.1

Bundesgesetz über Schweizer Personen und Institutionen im Ausland vom 26. September 2014 (Auslandschweizergesetz, ASG), SR 195.1

Verordnung über Schweizer Personen und Institutionen im Ausland vom 7. Oktober 2015 (Auslandschweizerverordnung, V-ASG), SR 195.11

Gesetz über die öffentliche Sozialhilfe und soziale Einrichtungen (SHEG) vom 28. Oktober 3013, SHR 850.100

Verordnung über die öffentliche Sozialhilfe und soziale Einrichtungen (SHEV) vom 18. Februar 2014, SHR 850.111

Erläuterungen

1.   Verhältnis zwischen sozialhilferechtlicher Zuständigkeit und Weiterverrechnung

Die sozialhilferechtliche Zuständigkeit bestimmt, welches Gemeinwesen die Sozialhilfeleistungen zu bemessen und auszurichten hat. Die sozialhilferechtlich zuständige Behörde führt den Sozialhilfefall alleine und richtet sich dabei nach den am Unterstützungsort geltenden Vorschriften und Grundsätzen. Das sozialhilferechtlich zuständige Gemeinwesen kommt grundsätzlich für die Kosten der Sozialhilfe selbst auf (Art. 8 Abs. 1 SHEG).

Von diesem Grundsatz gibt es verschiedene Ausnahmen. Sowohl das Bundesrecht als auch das kantonale Recht sehen so genannte Weiterverrechnungsmöglichkeiten vor. Sind die jeweiligen Voraussetzungen für eine Weiterverrechnung erfüllt, so erfolgt zwar die Bemessung und Ausrichtung durch das sozialhilferechtlich zuständige Gemeinwesen, dieses kann die Sozialhilfekosten aber an einen Kostenträger weiterverrechnen. Solche Weiterverrechnungsmöglichkeiten bestehen

  • im interkantonalen Bereich nach dem ZUG (vgl. dazu Kapitel 18.2): Der Aufenthaltskanton hat einen Kostenersatzanspruch gegenüber dem Wohnkanton (Achtung: Die Kostenersatzpflicht des Heimatkantons gegenüber dem Wohn- oder Aufenthaltskanton ist seit dem 8. April 2017 aufgehoben),

  • im innerkantonalen Bereich nach SHEG (vgl. dazu Kapitel 18.3): Lastenveteiler

  • im Bereich der Sozialhilfe für Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer (vgl. dazu Kapitel 18.4).

2.   Kopfteilungsprinzip

2.1.   Im Allgemeinen

In der Fallführung ist die Unterstützungseinheit für die Bemessung der Sozialhilfe mass­gebend. In Hausgemeinschaft lebende Ehegatten, eingetragene Partnerinnen oder Partner und minderjährige Kinder mit gleichem Unterstützungswohnsitz sind rechnerisch als ein Unterstützungsfall zu behandeln (vgl. Art. 32 Abs. 3 ZUGKapitel 6.2.01; zu den Besonderheiten, die sich aus dem seit dem 1. Januar 2017 geltenden Art. 32 Abs. 3bis ZUG ergeben, vgl. Kapitel 18.1.03, Ziff. 1, und Merkblatt der SKOS über die Auswirkungen des revidierten Rechts zum Kindesunterhalt auf die Sozialhilfe vom 12. Dezember 2016). Im Rahmen der Weiterverrechnung besteht demgegenüber ein Fall aus den Personen einer Unterstützungseinheit, welche die jeweiligen Weiterverrechnungsvoraussetzungen erfüllen.

Beispiel:

  • Der Vater ist Ausländer und hat noch nicht zehn Jahre Unterstützungswohnsitz im Kanton Zürich, die Mutter und die beiden gemeinsamen Kinder sind Bürger von Frauenfeld. Die Unterstützungseinheit besteht aus vier Personen, der Weiterverrechnungsfall an den Kanton Zürich besteht jedoch nur aus einer Person (vgl. Kapitel 18.3.01).

Bei der Weiterverrechnung werden die Auslagen und Einnahmen, welche die gesamte Unterstützungseinheit betreffen, nach Köpfen aufgeteilt. Besteht also die Unterstützungseinheit aus drei Personen, von den zwei eine Weiterverrechnungsvoraussetzung erfüllen, so wird der Gesamtbetrag der Kosten, die alle Mitglieder einer Unterstützungseinheit betreffen, durch drei geteilt, wobei dann zwei Drittel dem Weiterverrechnungskostenträger belastet werden.

Demgegenüber sind Kosten, die von einer bestimmten Person der Unterstützungseinheit verursacht werden, nicht aufzuteilen. Sie fallen vollumfänglich bei der betreffenden Person an und können gegebenenfalls auch vollumfänglich weiterverrechnet werden. Im Weiteren stehen gewisse Einnahmen ausschliesslich bestimmten Personen zu (z.B. Barunterhaltsbeiträge für Kinder), so dass auch diese nicht der ganzen Unterstützungseinheit gutgeschrieben werden dürfen.

Um feststellen zu können, welche Sozialhilfeleistungen einem kostenersatzpflichtigen Gemeinwesen weiterverrechnet werden können, muss bei der Verbuchung von Auslagen und Einnahmen immer zunächst geprüft werden, ob die Auslagen bzw. Einnahmen alle Personen der Unterstützungseinheit oder nur ein bestimmtes Mitglied betreffen. Man spricht hier von der Quotenbuchung (vgl. dazu Kapitel 18.1.03).

Beispiel:

  • Ein Ehepaar lebt zusammen mit dem Kind aus erster Ehe der Frau in Horgen. Der Ehemann ist Zürcher Bürger, Ehefrau und Kind sind ausländische Staatsangehörige. Der Ehemann verdient Fr. 2'700.-- pro Monat. Der Unterstützungsbedarf der Familie beträgt Fr. 3'300.--. Der Lohn des Ehemanns dient dem Unterhalt der gesamten Familie, wird also der Unterstützungseinheit als Ganzes angerechnet. Damit verbleiben Sozialhilfeleistungen in der Höhe von Fr. 600.--. Der Fall wird nach Köpfen abgerechnet, d.h. 2/3, also Fr. 400.--, können dem Kanton Zürich weiterverrechnet werden, 1/3, also Fr. 200.--, gehen zulasten der Wohngemeinde.

2.2.   Bei Konkubinatspaaren

Für die Festlegung der Unterstützung sowie allfällige gegenseitige Unterstützungspflichten von Personen in Lebensgemeinschaften und Konkubinaten siehe Kapitel 17.4.01 (Entschädigung für die Haushaltführung).

 

In Weiterverrechnungsfällen gilt hier nicht das Kopfteilungsprinzip. Bei Paaren, die in einem stabilen Konkubinat leben, kann zwar die Berechnung des Sozialhilfeanspruches analog zur Berechnung bei einer Unterstützungseinheit erfolgen, wenn beide Konkubinatspartner bedürftig sind (vgl. Kapitel 6.2.03, Ziff. 2.2). Sobald es aber um die Weiterverrechnung geht, sind Auslagen und Einnahmen getrennt zu berücksichtigen. Das gilt auch für den innerkantonalen Kostenersatz.

Rechtsprechung

Bundesgerichtsentscheid 2A.771/2006 vom 17. April 2007: Haben Familienangehörige, die im gleichen Haushalt leben, nicht das gleiche Kantonsbürgerrecht, so werden die Kosten von Unterstützungen, die nicht durch die persönlichen Bedürfnisse eines bestimmten Familiengliedes verursacht wurden, nach Köpfen aufgeteilt (Art. 19 ZUG). Hat gemäss Art. 15- 17 ZUG der Heimatkanton dem Wohn- bzw. Aufenthaltskanton die Unterstützungskosten für eines der Familienmitglieder zu ersetzen, so kann er nicht einwenden, der Fürsorgebedarf seines Kantonsbürgers sei - etwa wegen eines persönlichen Einkommens - niedriger gewesen. In Hausgemeinschaft lebende Ehegatten und unmündige Kinder mit gleichem Unterstützungswohnsitz sind rechnerisch als ein einziger Unterstützungsfall zu behandeln (Art. 32 Abs. 3 ZUG; ab 2007 gilt dies auch für eingetragene Partnerschaften). Art. 19 ZUG findet jedoch weder unmittelbar noch analog auf nichteheliche Lebensgemeinschaften Anwendung, so dass vom Heimatkanton eines ausserkantonalen Konkubinatspartners keine Rückerstattung verlangt werden kann, wenn Letzterer nicht persönlich, sondern bloss der "Konkubinatshaushalt" als Ganzes unterstützungsbedürftig ist.

Praxishilfen

Zur Abschaffung der Kostenersatzpflicht des Heimatkantons vgl. Merkblatt der SKOS zur Abschaffung der Rückerstattungspflicht des Heimatkantons (Revision des Zuständigkeitsgesetzes) vom 10. April 2013