7.2.01. Allgemeines zu Wohn- und Nebenkosten

7.2.01. Allgemeines zu Wohn- und Nebenkosten

Rechtsgrundlagen

Lit. B.3. der Richtlinien

SKOS-Richtlinien, Kapitel C.3.2

SKOS-Richtlinien, Kapitel C.4.1

SKOS-Richtlinien, Kapitel C.4.2

Erläuterungen

1.   Wohn- und Nebenkosten

Von unterstützten Personen wird erwartet, dass sie in günstigem Wohnraum leben. Kinder haben nicht grundsätzlich Anspruch auf ein eigenes Zimmer (SKOS-Richtlinien, Kapitel C.4.1 Abs. 1). Unterstützten Eltern mit Besuchsrechten sind aber die Kosten für eine Wohnung anzurechnen, welche den Kindern das Schlafen in einem separaten Zimmer ermöglicht. Vorausgesetzt ist, dass diese Besuche tatsächlich stattfinden (SKOS-Richtlinien, Kapitel C.4.1 Abs. 7).

Im Unterstützungsbudget mit zu berücksichtigen sind die

  • Kosten für den Mietzins gemäss Mietvertrag (soweit diese im ortsüblichen Rahmen liegen),

  • vertraglich vereinbarte Nebenkosten, soweit sie mietrechtlich zulässig sind,

  • Kosten für Heizung und Warmwasser, nach effektivem Aufwand (soweit nicht bereits in den vertraglich vereinbarten Nebenkosten berücksichtigt),

  • die auf Heizung oder Warmwasser entfallenden, den Hilfesuchenden verrechneten Stromkosten; sie sind (anhand von Erfahrungszahlen von vergleichbaren Haushalten) auszuscheiden und als Wohnnebenkosten zusätzlich ins Unterstützungsbudget aufzunehmen (vgl. Zeitschrift für Sozialhilfe [ZeSo] 4/98). Die Kosten für den Energieverbrauch (Elektrizitätsrechnung) hingegen sind im Grundbedarf enthalten und daher nicht als Wohnnebenkosten zu berücksichtigen.

Die bei der Bemessung der wirtschaftlichen Hilfe berücksichtigte Miete mit Nebenkosten kann der Gläubigerin oder dem Gläubiger nicht in jedem Fall direkt überwiesen werden. dafür ist gemäss § 11 Abs. 2 eine Zweckentfremdung der Leistung vorgesehen, indem diese für andere Zwecke als für die Wohnung verbraucht wird. Wird nur der angemessene Mietzins im Budget berücksichtigt, darf auch nur in dieser Höhe eine Mietzinsüberweisung an die Vermieterschaft erfolgen. Den nicht gedeckten Mietanteil muss die betroffene Person selber begleichen. Nicht zulässig wäre es, wenn die Sozialbehörde den ganzen Mietzins überweist und den nicht im Budget berücksichtigten Mietanteil mit dem Grundbedarf verrechnet (vgl. Kapitel 6.3.03 Ziffer 3.4).

Zur Aufteilung der Wohnkosten im Haushalt siehe Kapitel 7.2.02

Vorgehen bei überhöhten Wohnkosten siehe Kapitel 7.2.04

Vorgehen bei Reduktion von Wohnkosten

Bewohnen von eigenen Wohnungen oder Liegenschaften siehe Kapitel 7.2.05

2.   Wohnkosten für junge Erwachsene (18- bis 25-jährig)

Als «junge Erwachsene» gelten in der Sozialhilfe alle Menschen zwischen dem vollendeten 18. und dem vollendeten 25. Altersjahr. Mit dem Tag des 25. Geburtstags qualifiziert eine Person daher nicht mehr als jung erwachsen (SKOS-Richtlinien, Kapitel C.3.2, Erläuterungen c)).

Von jungen Erwachsenen ohne abgeschlossene Erstausbildung wird erwartet, dass sie bei ihren Eltern wohnen, sofern keine unüberbrückbaren Konflikte bestehen (SKOS-Richtlinien, Kapitel C.4.2 Abs. 4).

Ist ein vom Familienhaushalt abgelöstes Wohnen gerechtfertigt, haben junge Erwachsene eine günstige Wohngelegenheit in einer Wohngemeinschaft zu suchen (vgl. dazu Kapitel 7.1.02).

 

Das Führen eines eigenen Haushalts wird nur in Ausnahmenfällen finanziert (SKOS-Richtlinien, Kapitel C.4.2 Abs. 6). Das kann beispielsweise dann der Fall sein, wenn die betroffene Person bereits einen eigenen Haushalt geführt, diesen mit Erwerbseinkommen finanziert hat und die künftige Unterstützungsbedürftigkeit nicht voraussehbar war. Das Führen eines eigenen Haushalts kann auch akzeptiert werden, wenn medizinische Gründe vorliegen, bei einem Haushalt mit Kindern oder mangels Angeboten an günstigen alternativen Wohnmöglichkeiten. Ebenfalls soll von einer Verpflichtung, den eigenen Haushalt aufzugeben, dann abgesehen werden, wenn feststeht, dass es sich nur um eine kurze Unterstützungsdauer handeln wird.

Betreffend Grundbedarf für junge Erwachsene in den verschiedenen Wohnsituationen siehe Kapitel 7.1.06.

 

Rechtsprechung

VB.2016.00315: Umstrittene Übernahme von Wohnkosten. [Die Beschwerdegegnerin berücksichtigte im Unterstützungsbudget des Beschwerdeführers keine Wohnkosten, weil sie davon ausging, dass er kostenlos in der Wohnung seiner Mutter lebe (…).]. Es bestehen vorliegend keine Anhaltspunkte für eine gesetzliche Pflicht der Mutter des Beschwerdeführers, die Wohnkosten ihres volljährigen Sohnes, der über eine angemessene Ausbildung verfügt, zu übernehmen (E. 4.1). Bei der Bemessung von Sozialhilfeleistungen ist auf die faktischen Verhältnisse abzustellen. Die Aufteilung der Wohnkosten erfolgt nicht aufgrund einer abstrakten Bedarfsdeckung, sondern nur dann, wenn die Kosten beim Beschwerdeführer effektiv entstanden sind (…) (E.4.2).

VB.2016.00132: Übernahme der Wohnkosten unter Berücksichtigung der Verhältnisse des Sohnes (Durchdiener im Militär): Der Beschwerdeführer wehrt sich gegen die von der Sozialbehörde in seinem Unterstützungsbudget aufgrund eines Zwei-Personen-Haushalts erfolgte Anrechnung des hälftigen Mietzinses und macht geltend, da sein Sohn Durchdiener im Militär gewesen sei, habe dieser keinen Nutzen an der Wohnung gehabt, weshalb sich ein Abzug bei den Wohnkosten nicht rechtfertige. Es ist zu differenzieren, ob in der Zeitspanne, in welcher der Sohn Wohnsitz beim Beschwerdeführer hatte, eine familienähnliche Wohn- und Lebensgemeinschaft oder eine Zweck-Wohngemeinschaft vorlag. Aus der getrennten Erledigung der Haushaltsfunktionen schloss die Vorinstanz zu Recht auf eine Zweck-Wohngemeinschaft. Da jedoch nur von durchschnittlich zwei Wochenenden pro Monat, welche der Sohn in der Wohnung verbrachte, auszugehen ist, entsprechen die Verhältnisse nicht einem gewöhnlichen Zwei-Personen-Haushalt. Es ist deshalb von den tatsächlich gelebten Verhältnissen auszugehen. Die von der Vorinstanz vorgenommene Kürzung der Wohnkosten auf einen Fünftel ist als angemessen zu bezeichnen (E. 7).

VB.2014.00220: Mietet eine hilfsbedürftige Person, die ihre bisherige Wohnung verlassen muss, eine Unterkunft, von der sie weiss, dass deren Mietzins über den lokalen Richtlinien liegt, hat die Fürsorgebehörde den vollen Mietzins nur dann nicht zu übernehmen, wenn jener ein treuwidriges Verhalten vorzuwerfen ist (E. 2.4). Der Umzug in die neue, teurere Wohnung erfolgte unter den gegebenen Umständen nicht freiwillig. Die Beschwerdegegnerin hatte der Beschwerdeführerin aber mit dem Mutter-Kind-Wohnen eine zumutbare Alternative angeboten. Die Beschwerdeführerin hat sich daher treuwidrig verhalten (E. 3.1).

VB.2008.00079: Sozialhilfe: Übernahme einer Rechnung für Elektrizität Rechtsgrundlagen für die Berechnung der Sozialhilfeleistungen: Die Kosten des Energieverbrauchs werden grundsätzlich bereits durch den Grundbedarf abgedeckt (E. 2.1). Gründe für einen abweichenden Vollzug - etwa die Übernahme der Kosten als situationsbedingte Leistungen - liegen nicht vor. Keine andere Beurteilung aus dem Umstand, dass es sich bei den in Rechnung gestellten Kosten um eine "Nach-Rechnung" handelt, die sich auf eine zurückliegende Abrechnungsperiode bezieht (E. 2.2).

VB.2006.00076: Finden die reduzierten Ansätze der Wohnkosten bei sog. "jungen Erwachsene" (18 bis 25 Jahre) auch Anwendung bei über 25-jährigen Personen, die sich noch in Ausbildung befinden? Die gut 25-jährige Sozialhilfeempfängerin, welche in Kürze eine Lehre abschliesst, lebt seit neun Jahren selbstständig und seit drei Jahren als Alleinmieterin einer Wohnung, deren günstiger Mietzins noch im Rahmen der kommunalen Richtlinien liegt. Aufgrund dieser Umstände erscheint die Auflage der Gemeinde, die Empfängerin habe sich um eine Untervermietung ihrer Wohnung zu bemühen, um die Wohnkosten von Fr. 1'000.-- auf Fr. 500.-- zu senken, als unverhältnismässig. Abweisung der Beschwerde der Gemeinde (E. 3).

VB.2003.00109: Die Wohnkosten sind nicht nur auf das zukünftig erzielbare Einkommen auszurichten, sondern auch auf den gesetzlich vorgesehenen Umfang der Sozialhilfe, der bedürftigen Person das soziale Existenzminimum zu gewährleisten (§ 15 SHG). Unterstützte Personen sollen materiell nicht besser gestellt sein als Menschen in ihrer Umgebung, die ohne Sozialhilfeleistungen in wirtschaftlich bescheidenen Verhältnissen leben (Kap. A.4 der SKOS-Richtlinien).

VB.2002.00070 (nicht publiziert): Besteht Anlass zur Vermutung, dass Hilfesuchende den ihnen für die Wohnkosten ausgerichteten Betrag zweckentfremden könnten, so liegen darin ohne Weiteres Umstände im Sinne von § 16 Abs. 2 SHG, welche die Erbringung der wirtschaftlichen Hilfe auf andere Weise als durch Barzahlung und damit die direkte Überweisung der Mietkosten an die Vermieterschaft erlauben. Die Nebenkosten, d.h. die Kosten für Heizung, Wasser, Treppenhausbeleuchtung, Hauswartung oder Ähnliches, sind in voller Höhe anzurechnen. Die Kosten für die Wohnungsmiete sind anhand des Mietvertrags zu ermitteln und voll anzurechnen, sofern und solange keine günstigere Wohnung vermittelt werden kann, die der Situation der Betroffenen gerecht zu werden vermag. Die Wohnungskosten dürfen nur dann nicht zu Lasten der Sozialhilfe übernommen werden, wenn der Umzug in eine günstigere Wohnung, die verfügbar und zumutbar ist, verweigert wird. Ebenso sind die Nebenkosten, d.h. die Kosten für Heizung, Wasser, Treppenhausbeleuchtung, Hauswartung oder Ähnliches, in voller Höhe anzurechnen

Praxishilfen

01.03.2021