5.1.05. Gegenseitigkeitsprinzip - Anreize und Gegenleistung

Rechtsgrundlagen

Art. 26 Abs. 2 und 3 SHEG

SKOS-Richtlinien, Kapitel A.3

SKOS-Richtlinien, Kapitel C.6.7

SKOS-Richtlinien, Kapitel D.2

SKOS-Richtlinien, Kapitel E.2.4

Erläuterungen

1.   Grundsätzliches

Art. 26 SHEG sieht vor, dass

  • Personen, die um materielle Hilfeleistungen nachsuchen, Auflagen und Weisungen zu befolgen haben, soweit diese sich auf die richtige Verwendung der Beiträge beziehen oder geeignet sind, die Lage der bedürftigen Person und ihrer Angehörigen zu verbessern., die nach Möglichkeit deren Integration in die Gesellschaft dienen (Abs. 1)

  • Sie ferner alles zur Vermeidung, Behebung oder Verminderung der Bedürftigkeit erforderliche vorzukehren haben. (Abs. 2)

In dafür geeigneten Fällen soll sichergestellt werden, dass nicht (voll) erwerbstätige Klientinnen und Klienten eine sinnvolle Gegenleistung zur Sozialhilfe erbringen. Dabei ist von einem weiten Begriff der Gegenleistung auszugehen. So kann es sich um eine Beschäftigung im öffentlichen Interesse (z.B. im Rahmen eines Einsatzprogramms bzw. mittels Freiwilligenarbeit), um berufliche Qualifizierungen oder auch um die aktive Teilnahme an nötigen Therapien handeln. Auch eine Kombination von solchen Tätigkeiten ist möglich. Diese sind auf bereits erfolgte Eingliederungsschritte abzustimmen und zudem auf die Vereinbarkeit von beruflichen und familiären Aufgaben auszurichten. Zu beachten ist indes, dass es nicht Aufgabe der öffentlichen Hand ist, unbeschränkt Eingliederungsangebote bereitzustellen. Vielmehr ist es in erster Linie Sache der Hilfesuchenden, sich um die Erbringung von Gegenleistungen zu bemühen und die dazu notwendige Eigeninitiative zu entwickeln.

Das Prinzip von Leistung und Gegenleistung ist auch in den SKOS-Richtlinien, Kapitel A.3, Abs. 6 und 7, abgebildet.

2.   Zielsetzung

In erster Linie soll durch Anreize (seien es positive oder negative) eine Änderung des Verhaltens einer Person bewirkt werden. Im Sinne der Förderung wird einerseits ein Anreiz dafür geschaffen, dass eine unterstützte Person eine Gegenleistung erbringt. Dabei kann es sich um die Teilnahme an einem Integrations- oder Beschäftigungsprogramm, um Freiwilligenarbeit, das Absolvieren einer Therapie oder die aktive Stellensuche handeln. Die Gegenleistung muss für die betroffene Person zumutbar und geeignet sein, ihre Situation zu verbessern. Eine Frage in der praktischen Arbeit ist in diesem Zusammenhang sicherlich, wie die geeignete Massnahme gefunden werden kann. Es gibt viele sehr gute Integrationsprogramme, Einsatzmöglichkeiten und Kurse. Eine Hilfestellung für das Finden einer geeigneten Integrationsmassnahme bietet die Infostelle Dienstleistungen für das Sozialwesen.

Selbstverständlich ist, dass die betroffene Person in den Entscheidungsprozess einbezogen werden muss. Ist es gelungen, sie entsprechend zu motivieren, tut sie also das, was von ihr erwartet wird, wird sie belohnt. Sie erhält je nach ihrer individuellen Anstrengung gemessen an ihren persönlichen Ressourcen eine Zulage (vgl. dazu Kapitel 8.2.01) und hat damit mehr Geld zur Verfügung, als wenn sie die Gegenleistung nicht erbringen würde. Es lohnt sich für die unterstützte Person, sich aktiv zu bemühen. Dies wirkt sich langfristig auch positiv auf die Gesellschaft aus, da mit der erfolgreichen Integration Mittel eingespart werden können.

3.   Ausgestaltung

Wird eine Gegenleistung erbracht, so ist darüber in der Regel ein Vertrag (Eingliederungsvertrag bzw. Leistungsvereinbarung) zu schliessen. Neben der Dauer und dem mit der Eingliederungsmassnahme verfolgten Ziel sind darin auch die gegenseitigen Rechte und Pflichten sowie die Konsequenzen einer Nichteinhaltung festzuhalten. Damit soll der betroffenen Person klarwerden, was sie vom Sozialdienst erwarten kann, was von ihr erwartet wird und welches die Konsequenzen der Nichterfüllung der Erwartungen sind. Es handelt sich dabei um einen Vertrag, welcher sich von der Verfügung durch seine Zweiseitigkeit und einen übereinstimmenden Willen unterscheidet (vgl. dazu auch Kapitel 6.3.02 zur planmässigen Hilfe). Auf solche Vereinbarungen kann dann verzichtet werden, wenn klare und einfache Verhältnisse vorliegen.

Möchte die Sozialbehörde die Eingliederungsmassnahme anordnen und einseitig durchsetzen, muss sie eine entsprechende Auflage erlassen. Da der Erfolg einer Eingliederungsmassnahme jedoch in hohem Masse von der Motivation, der Lernbereitschaft und dem Veränderungswillen der betroffenen Person abhängt, ist zu empfehlen, zunächst mit den sozialarbeiterischen Instrumenten wie Zielvereinbarung oder Eingliederungsvertrag zu arbeiten. Verweigert die betroffene Person das Erbringen einer zumutbaren Gegenleistung, welche ihre Lage bzw. jene ihrer Angehörigen verbessern würde, darf im Zusammenhang mit der wirtschaftlichen Hilfe auch eine entsprechende Auflage oder Weisung mit gleichzeitiger Kürzungsandrohung erfolgen (vgl. Kapitel 14.1.01, Auflagen und Weisungen). Bei deren Nichteinhaltung sind die angedrohten Leistungskürzungen zu verfügen.

 

4.   Anreizsystem

Die Richtlinien sehen unter lit. C.2. vor, dass eine Integrationszulage nicht erwerbstätigen Personen gewährt wird, die das 16. Lebensjahr vollendet und sich besonders um ihre oder ihrer Nächsten soziale und/oder berufliche Integration bemühen. Ausserdem ist in lit. D.3. ein Einkommensfreibetrag für Erwerbstätige vorgesehen).

4.1   Integrationszulage

Die Integrationszulage (IZU) soll der individuellen Anstrengung, die die betroffene Person gemessen an ihren persönlichen Ressourcen unternimmt, um ihre Chancen auf eine erfolgreiche berufliche und/oder soziale Integration zu erhalten oder zu erhöhen, Rechnung tragen. Sie ist damit ein bedeutendes Instrument der Sozialen Arbeit, das eine sorgfältige Abklärung der individuellen Möglichkeiten der betroffenen Person erfordert. Auch zugunsten einer Person mit sehr wenigen individuellen Ressourcen kann eine Integrationszulage gesprochen werden, wenn sie eine persönliche Anstrengung unternimmt, welche der beruflichen und/oder sozialen Integration dient. Unbezahlte Leistungen, die zwar eine individuelle Anstrengung von unterstützten Personen darstellen, aber für deren Integration nicht förderlich sind, können grundsätzlich nicht mit einer IZU honoriert werden. Von diesem Grundsatz kann bei einer nur kurzfristig notwendigen Unterstützung mit Sozialhilfe oder bei der Pflege eines nahen Angehörigen abgewichen werden. Auch wenn die Arbeitsmarktferne der hilfeleistenden Person eine berufliche Wiedereingliederung verunmöglicht, kann in solchen Situationen die Ausrichtung einer IZU ins Auge gefasst werden (vgl. SKOS-Richtlinien, Kapitel C.6.7. Erläuterungen b) und c)).

Die IZU beträgt in der Regel Fr. 100 bis Fr. 300.--

Vgl. dazu Kapitel 8.2.01

 

4.2   Einkommensfreibetrag

Unterstützten Personen, welche im ersten Arbeitsmarkt ein Einkommen erwirtschaften, wird ein so genannter Einkommensfreibetrag (EFB) gewährt. Der EFB wird in Abhängigkeit des Beschäftigungsumfangs festgelegt und beträgt im Kanton Schaffhausen Fr. 500.-- bei einer 100%-Anstellung. Bei einer Teilzeitarbeit wird er entsprechend dem Beschäftigungsumfang reduziert. Er beträgt mindestens Fr. 100.--. Selbständig Erwerbenden kann der EFB ausgerichtet werden, soweit die Einkommens- und Vermögensverhältnisse klar sind und sich ihre Situation mit jener von unselbständig Erwerbstätigen vergleichen lässt.

Beim EFB handelt es sich um Einnahmen, die im Unterstützungsbudget nicht berücksichtigt werden. Die betroffenen Personen haben damit ein Einkommen, das über ihrem sozialhilferechtlichen Existenzminimum liegt. Sollte eine Betreibung vorliegen, ist der über dem betreibungsrechtlichen Existenzminimum liegende Betrag pfändbar. Es ist darauf hinzuweisen, dass auf jedes Erwerbseinkommen Steuern zu entrichten sind. Durch die Gewährung des EFB ist die unterstützte Person in der Lage, ihrer Steuerverpflichtung nachzukommen.

Vgl. dazu Kapitel 9.1.01.

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Rechtsprechung


Praxishilfen

Modell Leistungsvereinbarung bzw. Integrationsvertrag siehe Kapitel 6.3.02

 

Infostelle Dienstleistungen für das Sozialwesen